Fünf Teenager verzücken die Fans bei der Heim-EM in Leipzig. Den deutschen Turnerinnen gelingt eine große Überraschung. Dann verraten sie, wie sie die Silbermedaille feiern und wem sie sie widmen.
Strahlende Gesichter, funkelnde Medaillen und eine glänzende Perspektive: Inmitten eines weiter schwelenden Skandals um Missbrauchsvorwürfe haben fünf Teenagerinnen bei den Heim-Europameisterschaften in Leipzig für einen nie dagewesenen Erfolg im deutschen Frauen-Turnen gesorgt. Jung-Star Helen Kevric, Karina Schönmaier, Janoah Müller, Silja Stöhr und Lea Marie Quaas bejubelten die Silbermedaille im Team-Wettbewerb.
Damit übertrumpfte das im Schnitt gerade einmal 17,8 Jahre alte Quintett Bronze bei den Titelkämpfen 2022 in München – der ersten EM-Medaille überhaupt im Mannschafts-Mehrkampf der Frauen. „Ich habe wirklich pure Gänsehaut am ganzen Körper, ich bin noch am Zittern und habe noch so ein Bauchgefühl, alles flattert so bei mir“, sagte Karina Schönmaier.
Die Chemnitzerin, wie ihre Club-Kollegin Quaas 19 Jahre alt, zog auch einen Vergleich mit der vorangegangenen Heim-EM. „Wenn ich gucke, in München haben sie den Dritten gemacht. Jetzt sind wir ein sehr junges Team und haben den Zweiten gemacht. Das macht mich sehr stolz“, sagte die Team-Kapitänin.
Nur Titelverteidiger Italien war besser
Die anschließende Feier fiel vergleichsweise unspektakulär aus. „Bei uns gibt es heute Abend Spaghetti Carbonara, weil wir uns das wünschen durften von unserem Koch. Der fragt nämlich immer ganz lieb“, sagte Helen Kevric. Dazu gesellten sich dann noch die Eltern der Turnerinnen.
Auf dem Podest hüpften und tanzten die Überraschungszweiten ausgelassen, Bundestrainer Gerben Wiersma reckte stolz die Gewinnerfaust nach oben. Dass sich das Perspektiv-Team mit 158,396 Punkten nur Titelverteidiger Italien (161,930) geschlagen geben musste und vor Frankreich (156,728) landete, war für die Turnerinnen selbst nicht absehbar.
„Unser ganzes Team hat nicht damit gerechnet, dass wir hier eine Silbermedaille mit nach Hause nehmen. Es ist einfach ein Wahnsinnsgefühl, so was erreicht zu haben“, sagte die 17-jährige Janoah Müller. Ihre Teamkollegin Schönmaier gestand: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir es auf den Zweiten schaffen.“
Finger in der Wunde
Auch die trotz ihrer ebenfalls erst 17 Jahre meist erstaunlich abgeklärt wirkende Kevric hatte an solch einen Coup nicht gedacht. „Am Anfang habe ich damit auch nicht gerechnet. Aber es zeigt, dass wir als Team da oben mithalten können“, befand die Stuttgarterin.
Sie war es dann aber auch, die in der Stunde des Erfolges den Finger in die Wunde legte. Durch die Ende vergangenen Jahres öffentlich gewordenen Missbrauchsvorwürfe am Kunst-Turn-Forum Stuttgart hatte sie die Trainer verloren, die sie bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu Platz acht im Mehrkampf und Rang sechs am Stufenbarren geführt hatten. Sie wiederholte, kein Missbrauchsopfer zu sein und immer ein gutes Verhältnis zu ihren Trainern gehabt zu haben. „Ich bin traurig, dass es so geendet hat. Deswegen ist die Medaille auch ein Stück weit für sie, weil sie hinter der harten Arbeit sind“, sagte die deutsche Mehrkampf-Meisterin.