Bahnchaos: Wenn es auf dem Weg zu Arbeit mal wieder länger dauert

Trotz frühen Aufstehens zu spät zum Meeting, Schichtbeginn oder Kunden-Termin. Weil die Bahn nicht kam. Wie Unternehmen, Kliniken und Gerichte damit umgehen.

Ein stressiger Arbeitstag beginnt für manche schon auf dem Weg dorthin. Viele Züge in Rheinland-Pfalz und dem Rhein-Main-Gebiet fallen derzeit aus oder sind verspätet. Meist wegen Bauarbeiten. 

Nicht immer hilft es, eine Bahn früher zu nehmen – oder auf das Auto umzusteigen. Manchmal geht das auch gar nicht, weil etwa die Kita oder die Grundschule noch nicht geöffnet hat. Aber was sagen Chefs, Kollegen und Kunden, wenn man schon wieder zu spät ist? Und wie ist das in der Schule und im Gericht? Ein Überblick: 

„Unsere Unternehmen stehen derzeit ohnehin unter massivem Druck“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände, Karsten Tacke. „Umso wichtiger wäre es, zusätzliche Belastungen wie unzuverlässige Pendelverbindungen zu vermeiden. Stattdessen sorgen Zugausfälle und unberechenbare Fahrpläne täglich für Probleme – besonders für Beschäftigte mit schulpflichtigen Kindern.“ Die mangelnde Planbarkeit belaste Betriebe wie Mitarbeitende gleichermaßen. Es brauche eine transparente Kommunikation und bessere Abstimmung bei Bauvorhaben und Ausfällen. 

Mobiles Arbeiten und Verkehrsnewsletter bei BASF

Der BASF-Konzern hat nach eigenen Angaben verschiedene Maßnahmen ausgearbeitet, um eine Auswirkung durch Verkehrsbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. „Im Bereich des Individualverkehrs gehört dazu das mobile und zeitlich flexible Arbeiten“, teilte ein Sprecher in Ludwigshafen mit. So sei es für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei denen es die betrieblichen Belange zulassen, möglich, die Hauptverkehrszeiten durch die Verschiebung von Arbeitszeit oder des Arbeitsorts zu vermeiden.

„In Fällen angekündigter Streiks informieren wir unsere Mitarbeitenden über einen internen Verkehrsnewsletter, dass Einschränkungen zu erwarten sind, sodass sie sich früh darauf einstellen und umorganisieren können“, betonte der Sprecher. Der größte Arbeitgeber im Bundesland erwarte, dass Mitarbeiter selbstständig umplanen sowie vor Fahrtantritt die bestmögliche Route für den individuellen Weg zur Arbeit suchen und – wo möglich – von zu Hause arbeiten. „Wir rechnen entsprechend nicht mit Einschränkungen der Produktion.“

Boehringer setzt auf Homeoffice

Eine offizielle Regelung für die kommenden Wochen und die geplanten Arbeiten an den Bahnstrecken gibt es bei Boehringer Ingelheim nicht. „Da wir die „working from home“ Regelung sehr flexibel gehalten haben, werden die Kolleginnen und Kollegen in Absprache mit den Vorgesetzten und eigenverantwortlich Lösungen für sich zu finden“, sagt eine Unternehmenssprecherin. 

So ähnlich handhabt es auch die Debeka in Koblenz. „Die Fahrt zur Arbeit geht bekanntlich zulasten der beschäftigten Person“, hieß es. „Also ja, die Zeit wird nachgearbeitet, was beim Modell der gleitenden Arbeitszeit geräuschlos erfolgt.“ Die Homeoffice-Regelungen seien individuell und flexibel.

Daimler Truck: Beschäftigte müssen Anfahrtszeit im Blick haben

Daimler Truck in Wörth setzt auf ein „modernes Arbeitsumfeld“. Dabei spielen vor allem Flexibilität und Gestaltungsfreiheit eine wichtige Rolle, wie ein Sprecher mitteilte. „Wir setzen daher schon seit langem auf flexible Arbeitszeitmodelle und mobiles Arbeiten.“ Alle Beschäftigten des Unternehmens in Deutschland haben einer Betriebsvereinbarung zufolge generell ein Recht, mobil zu arbeiten, falls mit der jeweiligen Aufgabe vereinbar.

„Als global aufgestelltes Unternehmen arbeiten wir schon seit Jahren in vielen Bereichen erfolgreich virtuell zusammen“, so der Sprecher des zweitgrößten Arbeitgebers im Land. Arbeitsabläufe, Konferenzen und Austausch über Standorte und Ländergrenzen hinweg seien bei Daimler Truck bewährt. „Es liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Beschäftigten, genug Anfahrtszeit für den Arbeitsweg einzuplanen und aktuelle Ereignisse im Blick zu haben.“

Unimedizin: Verantwortung liegt bei den Beschäftigten 

„Die Planung der pünktlichen Präsenz zu Arbeitsbeginn liegt in der Verantwortung der Beschäftigten“, heißt es auch bei der Universitätsmedizin Mainz. Eine übergeordnete, allgemeine Regelung für den Umgang von extern verursachten Verspätungen gebe es nicht. Soweit organisatorisch möglich, biete die Klinik ihren Mitarbeitenden flexible Arbeitszeiten mit definierten Kernarbeitszeiten an.

Unentschuldigtes Fehlen vor Gericht kann erhebliche Folgen haben 

Vor Gericht kommt es darauf an, ob ein Angeklagter entschuldigt oder unentschuldigt nicht erscheint, erläutert der Sprecher des Justizministeriums, Christoph Breuer. Ein Angeklagter im Strafprozess, der ohne Entschuldigung der Hauptverhandlung fernbleibt, kann auf gerichtliche Anordnung von der Polizei vorgeführt werden. Das Gericht kann auch einen Haftbefehl erlassen.

Wenn ein Angeklagter in einer Bahn festhängt und sich telefonisch meldet, liege die Entscheidung über das weitere Vorgehen ebenfalls beim Gericht. Viele Richter warteten dann auch mal eine gewisse Zeit oder vertagten die Verhandlung. 

Erscheint ein Kläger in einem Zivilverfahren unentschuldigt nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung, so müsse er damit rechnen, dass seine Klage abgewiesen wird. Ein unentschuldigt fehlender Beklagter riskiere dagegen eine Verurteilung. Negative Konsequenzen könne die jeweils säumige Partei aber relativ leicht mit einem rechtzeitigen Einspruch gegen das sogenannte Versäumnisurteil verhindern.

Was muss in der Schule beachtet werden?

Eine direkte Regelung zum Zuspätkommen sieht die Schulordnung nicht vor. Darin wird lediglich festgelegt, dass die Eltern die Schule unverzüglich benachrichtigen müssen, wenn die Kinder verhindert sind, zum Unterricht pünktlich zu erscheinen oder überhaupt teilzunehmen. 

Die Schülerinnen und Schüler sind nach dem Schulgesetz dazu verpflichtet, vom schulischen Bildungs- und Erziehungsangebot verantwortlich Gebrauch zu machen. Das bedeutet: Sie müssen sich in dem Fall, dass ihre Unterrichtsteilnahme durch „höhere Gewalt“ verhindert wird, selbst für ihren Lernfortschritt einsetzen. 

Letztlich kommt es darauf an, ob die Schülerin oder der Schüler das Zuspätkommen selbst verschuldet oder nicht zu verantworten hat. Eine Verspätung aufgrund der Nutzung von Schienenersatzverkehr hat eine Schülerin oder ein Schüler vermutlich nicht zu verantworten. Insofern müssten sie in solchen Fällen auch nicht mit Konsequenzen rechnen. 

Wenn ein Zuspätkommen selbst verschuldet ist, gibt es mehrere pädagogische Möglichkeiten: Gespräche mit den Kindern und Jugendlichen, den Eltern sowie Schulsozialarbeitern. Möglich sind laut Bildungsministerium auch Klassenbucheinträge oder im Wiederholungsfall Bemerkungen im Zeugnis.