Stundenlange Sperrung: Drohnen über Kopenhagener Flughafen: Regierungschefin spricht von „Anschlag“

Am Flughafen Kopenhagen wurden mehrere unbekannte Drohnen gesichtet. Der Flugverkehr war für mehrere Stunden unterbrochen. Regierungschefin Mette Frederiksen reagiert.

Der Flugverkehr am Flughafen Kopenhagen Kastrup ist am frühen Dienstag nach einer rund vierstündigen Sperrung wegen Drohnensichtungen wieder aufgenommen worden. Es werde jedoch noch zu Verspätungen und Flugausfällen kommen, teilte der Flughafen auf der Plattform X mit. 

Ermittler haben noch keine möglichen Verantwortlichen für den Vorfall ausgemacht. Man gehe aber unter anderem mit Blick auf Anzahl und Größe der Drohnen sowie Zeitpunkt des Vorfalls davon aus, dass es sich vermutlich um einen „fähigen Akteur“ handeln müsse, sagte der leitende Ermittler der Kopenhagener Polizei, Jens Jespersen, am Dienstagmorgen auf einer Pressekonferenz. „Es ist ein Akteur, der die Fähigkeiten, den Willen und die Mittel hat, sich auf diese Weise zu präsentieren.“ Die Drohnen in Dänemark seien aus verschiedenen Richtungen gekommen, hätten ihre Lichter ein- und ausgeschaltet und seien nach mehreren Stunden verschwunden. Wer genau dieser Akteur sein könnte, wisse er nicht, sagte Jespersen.

Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen reagierte am Dienstagmorgen auf den Drohnenvorfall. „Was wir gestern Abend gesehen haben, ist der bislang schwerwiegendste Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur“, erklärte sie nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau in einer Stellungnahme. Man schließe keine Optionen aus bei der Frage, wer dahinterstecke. Es sei aber klar, dass dies mit den Entwicklungen übereinstimme, die man in jüngster Zeit bei anderen Drohnenangriffen, Luftraumverletzungen und Hackerangriffen auf europäische Flughäfen habe beobachten können.

Die Kopenhagener Polizeidirektorin Anne Tønnes sprach am Vormittag dann von einem „Drohnenangriff“ und wie Frederiksen von einem „Anschlag“. „Das ist unsere kritische Infrastruktur, und deshalb nenne ich es so“, sagte Tønnes vor Reportern. „Ich halte das für eine sehr ernste Situation.“

Flughafen Kopenhagen: Noch unklar, ob militärische oder zivile Drohnen

Die dänischen Behörden hatten am Montagabend den Flugverkehr auf dem landesgrößten Flughafen Kopenhagen nach der Sichtung von Drohnen gesperrt. Es seien zwei oder drei große Drohnen in der Gegend gesehen worden, hatte die Polizei auf X mitgeteilt. Der verkehrsreichste Airport in der nordischen Region stellte den Betrieb daraufhin um 19.26 Uhr MEZ ein, wie der Flugbeobachtungsdienst FlightRadar berichtete.

„Die Polizei hat eine intensive Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, um welche Art von Drohnen es sich handelt“, sagte der stellvertretende Polizeichef von Kopenhagen, Jakob Hansen, vor Reportern. „Die Drohnen sind verschwunden, und wir haben keine von ihnen sichergestellt.“ Laut FlightRadar wurden rund 50 Flüge umgeleitet. Rund 100 Flüge mussten nach Flughafenangaben in Verbindung mit der Drohnensichtung gestrichen werden, darunter auch mehrere aus und nach Deutschland. Rund 20.000 Passagiere waren insgesamt betroffen, wie Vertreter des Flughafens und der dänischen Flugsicherheit auf der Pressekonferenz sagten.

Auch der Flughafen Gardemoen der norwegischen Hauptstadt Oslo schloss seinen Luftraum wegen einer Drohne. Ab Mitternacht Ortszeit seien alle Flüge zu den nächstgelegenen Flughäfen umgeleitet worden, wie ein Sprecher des norwegischen Flughafenbetreibers Avinor mitteilte. Laut den Behörden in Dänemark und Norwegen soll nun geprüft werden, ob ein Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen besteht.

Ukrainischer Präsident Selenskyj beschuldigt Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj deutete an, dass Russland hinter den Drohnen über dem Kopenhagener Flughafen stecke. In einem Beitrag auf der Plattform X bezüglich eines Treffens mit dem Internationalen Währungsfonds in New York schrieb Selenskyj: „Wir haben den Verletzungen des Luftraums von Nato-Mitgliedstaaten durch Russland besondere Aufmerksamkeit gewidmet, darunter auch dem Vorfall vom 22. September in Kopenhagen.“  

Selenskyj X

„Wenn es keine entschlossene Reaktion der Verbündeten – sowohl Staaten als auch Institutionen – auf aggressive Provokationen gibt, wird Russland diese fortsetzen.“ Weiter kommentierte Selenskyj die Luftraumverletzung nicht. Konkrete Beweise lieferte er nicht für seinen Verdacht. Inwieweit Russland möglicherweise seine Hände im Spiel hatte, konnte Ermittler Jens Jespersen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Vize-Polizeikommissar Jakob Hansen sagte auf einer Pressekonferenz in der Nacht zu Dienstag, die Polizei arbeite bei der Aufklärung gemeinsam mit dem Inlandsnachrichtendienst PET und dem Militär zusammen.

Turbulente Tage für europäischen Luftverkehr

Damit kommt der europäische Flugverkehr weiter nicht zur Ruhe: Erst am Wochenende hatte ein Cyberangriff auf einen IT-Dienstleister zu Beeinträchtigungen an mehreren Flughäfen geführt. Darunter waren die Flughäfen Berlin, Brüssel, London Heathrow und Dublin. Die Probleme hielten am Montag teilweise noch an.

Mitte September waren Drohnen im polnischen Flugraum aufgetaucht, wenige Tage später drangen Kampfflugzeuge in den estnischen Luftraum ein. Die Nato macht für die Luftraumverletzungen Russland verantwortlich. 

Der Flughafen Kopenhagen-Kastrup zählt neben Stockholm-Arlanda und Oslo-Gardermoen zu den größten Airports Skandinaviens. Aus der bei Touristen überaus beliebten dänischen Hauptstadt fliegen täglich auch zahlreiche Passagiermaschinen in deutsche Städte.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.