Die Tafeln suchen nach Helfern, kämpfen mit hohen Rechnungen und einer neuen Zielgruppe. Warum die Einrichtungen in Niedersachsen an ihre Grenzen stoßen – und in Bremerhaven sogar das Aus droht.
Die Tafeln in Niedersachsen und Bremen müssen sich zunehmend auf Senioren und deren Bedürfnisse einstellen. „Es gibt jetzt sogar schon Tafeln, die haben extra Ausgaben für Senioren“, sagte Uwe Lampe vom Landesverband der Tafeln in Niedersachsen und Bremen der Deutschen Presse-Agentur.
Extra Öffnungszeiten und Lieferdienste
Die Armutsquote unter älteren Menschen sei hoch, sagte der Vorsitzende des Landesverbands. Trotzdem scheuten sich viele, sich an die Tafeln zu wenden. Zu groß sei die Hemmschwelle, aber auch die körperliche Anstrengung. „Wir müssen und wollen dafür sorgen, dass für sie das Anstehen bei der Tafel eben nicht zur Belastung wird.“
Die Tafeln in der Region suchen nach eigenen Angaben nach Lösungen: Die Ehrenamtlichen in Bremen verteilen etwa Lebensmittel zu bestimmten Zeiten nur an Ältere, damit diese nicht so lange anstehen müssen. Andere Tafeln in Niedersachsen bieten Lieferdienste für bewegungseingeschränkte Senioren an. „Da ist jede Tafel erfinderisch“, sagte Lampe.
Hohe Kosten für Miete, Strom und Logistik
Dabei müssten die Tafeln auch die Kosten im Blick behalten. Die Ausgaben für Miete, Strom und Logistik steigen und müssen mit den eigenen Einnahmen gedeckt werden. Die Kunden zahlen für die Lebensmittel jedoch nur einen geringen Obolus – zwischen ein und höchstens drei Euro.
„Das muss funktionieren“, sagte Lampe. Das Geld decke gerade so die Betriebskosten, für Personal bleibe in der Regel nichts übrig. Die Tafeln in der Region arbeiten deshalb zu 95 Prozent mit Ehrenamtlichen.
Im Notfall hilft der Landesverband aus. „Wenn es bei einer Tafel brennt, dann kriegt die Tafel über Wochen oder Monate ein Tafelfahrzeug gestellt“, sagte der Verbandsvorsitzende. „Wir haben jetzt neuerdings auch Tiefkühlanhänger, die wir unseren Tafeln mal leihen können.“ Außerdem gebe es einen Nothilfefonds, um die Einrichtungen zeitweise finanziell zu unterstützen.
Bremerhavener Tafel vor dem Aus
So versucht der Landesverband jetzt auch, die Tafel in Bremerhaven zu retten. Die fünf zuständigen Wohlfahrtsverbände hatten vor ein paar Tagen angekündigt, die Essensausgabe in der Seestadt zum Jahresende einzustellen. Als Grund nannten die Verantwortlichen unter anderem veränderte Mietverhältnisse, gestiegene Kosten und fehlende Gelder.
Bremerhaven gilt als einer der ärmsten Städte bundesweit, fast 1.000 Menschen sind dort jede Woche auf die Lebensmittel angewiesen. Es gibt bisher vier Ausgabestellen, außerdem werden die Tafeln in Dorum, Loxstedt und Bad Bederkesa mitversorgt.
Wie geht es weiter?
„Das haben wir hier in Niedersachsen so noch nicht gehabt und bundesweit ist das auch eher die absolute, absolute Ausnahme“, sagte Lampe. In Gesprächen hätten Politik und die Wohlfahrtsverbände allerdings versichert, den Aufbau einer neuen Tafel zu unterstützen. „Sie wären ja bekloppt, wenn sie es nicht täten. Das wäre ja für sie auch eine Rufschädigung.“
Der Vorsitzende des Landesverbands setzt künftig auf eine rein ehrenamtliche Struktur, um Ausgaben zu sparen. Momentan erhalten die Mitarbeitenden in Bremerhaven eine finanzielle Entschädigung. „Wir brauchen jetzt erst einmal einen schlagkräftigen Vorstand, der in der Lage ist, unternehmerisch zu arbeiten – mit all dem, was dazu gehört.“ Rund 80 bis 100 Ehrenamtliche seien seiner Einschätzung nach nötig, um die Tafel in Bremerhaven in neuer Form weiterzuführen.
Mehr als 100 Tafeln in der Region
In Niedersachsen gibt es laut Verband derzeit 106 Tafeln, in der Stadt Bremen und in Bremerhaven jeweils eine Tafel. Rund 200.000 Menschen werden dort jede Woche mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs unterstützt.