Feuer-Roboter: Roboter „Byte“ lernt Umgang mit Waldbränden

Noch würde er einfach in die Flammen laufen. Doch KI soll einem Roboter ermöglichen, autonom Waldbrände zu bekämpfen. Wie Kieler Informatiker das schaffen wollen.

Auf seinen vier Stelzen ist „Byte“ flott unterwegs. „Doch wenn wir den autonomen Roboter jetzt auf ein Feuer zulaufen lassen, würde er einfach durchlaufen und zerstört werden“, sagt Sören Pirk. Der Informatiker leitet das Forschungsprojekt „Wildfire Twins“ an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Mit EU-Fördermitteln in Höhe von zwei Millionen Euro will er Maschinen beibringen, sich in einigen Jahren mit Hilfe Künstlicher Intelligenz autonom durch Waldbrände zu bewegen und Feuer zu löschen.

Ein Einsatz bei einem der aktuellen Waldbrände in Südeuropa kommt für den Roboter aber viel zu früh – Feuerwehren zum Beispiel in Spanien oder Griechenland waren zuletzt stark gefordert. Die Informatiker betreiben nämlich derzeit Grundlagenforschung. Auf den ersten Blick erinnern die Simulationsbilder auf Pirks Bildschirm noch eher an Videospiele. In der Software lassen die Forscher Bäume, Unterholz oder ganze Wälder verbrennen. 

„Wir müssen in unserer Simulation Daten erzeugen, die aussehen, als ob sie aus einem echten Waldbrandszenario stammen“, sagt Pirk. „Das Ganze soll photorealistisch aussehen, wie ein echter Waldbrand. Es ist ähnlich wie ein Videospiel.“ Nur realistischer.

Videokameras allein helfen dem Team nicht weiter. Denn Bilder liefern der Maschine zu wenig Informationen über das Feuer. „Derzeit weiß der Roboter noch nicht, was er bei Erfassen von Flammen konkret zu tun hat“, sagt Pirk. „Er hat einfach keine Lösungsschablone. Er weiß nicht, ob er die Flamme vor ihm direkt löschen oder welchen Abstand er einhalten muss.“

Datensätze

Die Forscher möchten der KI mit einer virtuellen Trainingsumgebung beibringen, sichere Wege durch wirklichkeitsgetreue Feuer-Szenarien zu finden. „Einen Wald kann ich grundsätzlich zwar leicht von einem Satellitenbild konstruieren, schlechter sieht es dagegen beim Unterholz aus“, sagt Pirk. Satellitenbilder lieferten keine Informationen darüber, ob sich das Feuer beispielsweise brechen lasse. Das sei aber relevant für ein plausibles Waldmodell. „Deshalb arbeiten wir an mathematischen Modellen und bauen ähnlich wie in einem Computerspiel 3D-Modelle von einzelnen Bäumen, dem Unterholz und Gräsern.“

Aktuell arbeiten neben Pirk vier junge Wissenschaftler an dem Projekt. Der etwa 100.000 Euro teure und 25 Kilogramm schwere Trainingsroboter „Byte“ soll Feuerwehrleuten später detaillierte Informationen der Brand-Szenarien liefern. Für die Trainingssimulation ist eine große Zahl photorealistischer Bilder von Waldbrand-Situationen nötig. Mit ihnen soll die KI dann lernen.

„Wir hoffen, in fünf Jahren eine virtuelle Trainingsumgebung zu haben. Byte wird dann aber noch keine Löscheinsätze absolvieren können“, sagt Pirk. Der gebürtige Ostfriese kam in den USA, wo er für ein Tech-Unternehmen gearbeitet hat, auf die Idee für sein Forschungsprojekt.

Feuertest

Auch praktische Experimente sind nötig. An Schleswig-Holsteins Landesfeuerwehrschule in Harrislee bei Flensburg sammelt „Byte“ Daten zu Feuern mit unterschiedlichen Intensitäten. Der Einsatz der Technik sei im ausgereiften Zustand beispielsweise bei Vegetationsbränden denkbar, sagt Gruppenführer René Heyse: „Die ereilen uns ja immer mehr.“

Heise demonstriert in einem Feuercontainer, wie sich Rauch bei einem Brand entzünden kann. „Wir versuchen mit dem Roboter erst einmal, das Feuer zu verstehen“, sagt Pirk. Die KI müsse lernen, die Flammen zu interpretieren. „Wie wir das als Menschen auch lernen, nicht zu nah an ein Feuer ranzugehen.“

Brandexperte Heyse erhofft sich von der Technik Hilfe bei der Erkundung von Feuern. „Woher kommt das Feuer, in welche Richtung breitet es sich aus und sind dort Personen?“ Möglicherweise könne KI bereits erste Maßnahmen empfehlen, weil sie errechnet hat, wie sich der Brand entwickelt. Eine KI-gestützte Plattform – Drohnen oder Roboter – könne zudem ein guter Helfer sein, um Einsatzkräfte nicht zu gefährden.

Wie kann die KI helfen?

„Das Entscheidende ist ja wirklich die Phase der Lagefeststellung“, sagt Heise. Das muss im Ernstfall schnell gehen. KI könne helfen, einsturzgefährdete Bereiche oder extreme Brandphänomene wie heiße Rauchschichten zu erkennen, die sich zu entzünden drohen. „Wenn mir das alles eine KI-gestützte Plattform schon mitteilen kann, habe ich natürlich viel mehr Zeit im Außenbereich, zum Beispiel um Personen am Fenster zu erkennen und dementsprechend auch sofort Maßnahmen einzuleiten.“

Informatiker Pirk kann sich langfristig auch autonome Systeme vorstellen, die eigenständig gegen Feuer angehen können – wie sie derzeit etwa im Süden Europas wüten.