Bei der politisch motivierten Kriminalität von rechts und von links hat sich im ersten Halbjahr einiges verschoben. Das zeigt eine neue Statistik. Eine Erkenntnis: Gewalt nimmt zu.
Die Berliner Polizei hat im ersten Halbjahr weniger rechtsextreme Straftaten registriert als im Vorjahreszeitraum – diese Fälle haben aber weiter den größten Anteil an der politisch motivierten Kriminalität. Straftaten von Linksextremisten nahmen zu, ebenso Gewalttaten in beiden Extremismus-Bereichen. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Ario Mirzaie hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Statistik der Straftaten mit politischem Hintergrund listet 1.200 Fälle aus dem rechten Spektrum auf. Das sind rund ein Viertel weniger als im selben Vorjahreszeitraum, wo es 1.579 Taten gab. Den größten Anteil haben sogenannte Propagandadelikte (721), wozu etwa Nazischmierereien gehören, gefolgt von Beleidigung und übler Nachrede (157) sowie Volksverhetzung (123). Die Zahl der Gewalttaten von Rechtsextremen stieg im Vergleichszeitraum von 47 auf 61.
Im linken Spektrum weist die Statistik für das erste Halbjahr 497 Fälle auf. Das ist ein Plus von rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (435). Den größten Anteil hatten Fälle von Sachbeschädigung (252), gefolgt von Gewaltdelikten, deren Zahl sich von 79 auf 142 fast verdoppelte.
Grünen-Politiker wertet Rechtsextremismus als größte Bedrohung
„Die Zahl rechter Straftaten in Berlin bleibt im ersten Halbjahr 2025 auf einem erschreckend hohen Niveau“, kommentierte Mirzaie, der Sprecher der Grünen-Fraktion für Strategien gegen Rechts ist, die Zahlen. „Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere Demokratie und ein wachsendes Sicherheitsrisiko für die Menschen in unserer Stadt.“
Rechte Straftaten seien auch Ergebnis eines politischen Klimas, das Hass und Hetze gegen bestimmte Gruppen begünstige, meinte der Politiker. „Der schwarz-rote Senat muss jetzt mehr Mittel in den Kampf gegen Rechtsextremismus investieren, anstatt bei den Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit zu kürzen.“
Mehr islamistisch motivierte Fälle
Mirzaie fragte bei der Innenverwaltung weitere Daten zur politisch motivierten Kriminalität ab. Demnach nahm die Zahl der registrierten Fälle aus dem islamistischen und fundamentalistischen Spektrum im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 163 auf 207 zu (+27 Prozent). Schwerpunkt sind hier Propagandadelikte (139), gefolgt von Sachbeschädigung (36). In 8 Fällen ging es mutmaßlich um Terrorismus.
Hohes Aufkommen bei ausländischen Ideologien
Eine zahlenmäßig größere Rolle spielt das Fallaufkommen ausländische Ideologie, wie es im Polizeideutsch heißt. 694 Fälle finden sich in der Statistik. Das entspricht im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 einem Rückgang von rund 51 Prozent (1414).
Ob nun Propagandadelikte (254); Sachbeschädigung (190), Volksverhetzung (71) oder Gewalt (67): Viele solcher Taten in dem Bereich stellt die Polizei im Zusammenhang mit propalästinensischen Protesten fest. Bemerkenswert: Bei den Gewalttaten gab es hier zum Vergleichszeitraum einen starken Rückgang um 80 Prozent (1. Halbjahr 2024: 330 Fälle).
Zum Hintergrund: Im gesamten Jahr 2024 registrierte die Berliner Polizei 2.795 Fälle politischer Kriminalität von rechts und 689 Fälle politischer Kriminalität von links. Im islamistischen und fundamentalistischen Spektrum wurden 2024 genau 418 Fälle gezählt, im Bereich ausländische Ideologien 2.652 Fälle.
Antisemitische Taten auf hohem Niveau
Unterdessen geht aus einer weiteren Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor, dass die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 637 antisemitische Straftaten registrierte. Allein gut 500 davon entfielen auf die beiden Bereiche religiöse Ideologien und ausländische Ideologien, weitere 99 sind mutmaßlich dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnen.
Vergleichsdaten zum ersten Halbjahr 2024 liefert diese Statistik, über die zuvor der „Tagesspiegel“ berichtete, nicht. Im gesamten Jahr 2024 waren 1.826 judenfeindliche Taten gezählt worden, im Jahr davor 901. Nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, auf den der bis heute andauernde Gaza-Krieg folgte, war die Zahl antisemitischer Straftaten in Berlin sehr stark gestiegen.