Arbeiten bis 70, „Boomer-Soli“, Erwerbstätigenversicherung – zur Zukunft der Rente kursieren verschiedene, kontrovers diskutierte Vorschläge. Was denkt Thüringens SPD-Sozialministerin?
Thüringens Sozialministerin Katharina Schenk sieht Vorschläge eines höheren Renteneintrittsalters zur Sicherung des Rentensystems kritisch. „Diese Idee schert die Menschen über einen Kamm“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Menschen in körperlich anstrengenden Berufen wie Pflegekräfte, Forst- oder Bauarbeiter würden mit Menschen in weniger belastenden Berufen „in einen Topf geworfen“.
Bereits das Durchhalten im aktuellen Job sei für viele dieser Beschäftigten eine Herausforderung. Die Debatte über eine längere Lebensarbeitszeit hält bundesweit an – nach entsprechenden Forderungen von Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) und Wirtschaftsexperten.
Schenk verwies auf regelmäßige Untersuchungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Arbeitszufriedenheit. Nach dem in diesem Jahr vorgestellten aktuellen DGB-Index kann es sich in Thüringen nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten – 43 Prozent – vorstellen, bis zum regulären Renteneintrittsalter zu arbeiten. Grund sind die vielfach stark belastenden Tätigkeiten bei einer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Zu diesen Belastungen zählt Arbeitsverdichtung, die durch Personalmangel noch verschärft wird, aber auch körperlich schwere Arbeit.
Im ostdeutschen Durchschnitt können sich nach der Untersuchung 50 Prozent der Beschäftigten vorstellen, bis zur Rente durchzuhalten, bundesweit 52 Prozent.
Unterstützung für Bas-Vorschlag
Vielmehr müssten die Einzahlungen in die Rentenversicherung auf eine breitere Basis gestellt werden, sagte Schenk, die Unterstützung für den Vorschlag von Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) einer Erwerbstätigenversicherung signalisierte. Dabei geht es darum, auch Beamte und andere Berufsgruppen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. „Der Vorschlag geht in die richtige Stoßrichtung, ist sinnvoll und überlegenswert“, äußerte Schenk.
Die Politikerin warnte davor, die Rentendebatte auf einen Generationenkonflikt zuzuspitzen. „Wir sollten tunlichst vermeiden, dass die Debatte so getriggert wird.“
Hintergrund ist, dass wegen der demografischen Entwicklung künftig weniger junge Menschen als Beitragszahler in die Rentenversicherung zur Verfügung stehen – bei vielen bevorstehenden Renteneintritten aus der Generation der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre.
Sie selbst beobachte nicht, dass Junge und Alte im Konflikt stehen, sagte Schenk. „Die jungen Leute erkennen die Lebensleistung der Älteren schon an und ältere Menschen sehen auch, die junge Leute vor Belastungen stehen.“