Landesfinanzen: Rechnungshof: Thüringer Finanzpolitik geht Risiken ein

Erstmals nach der Corona-Zeit nimmt Thüringen wieder hohe Kredite auf, um seinen Haushalt zu finanzieren. Das Land müsse die Risiken unter Kontrolle behalten, warnt die Präsidentin des Rechnungshofs.

Thüringen braucht angesichts der wachsenden Haushaltsprobleme nach Einschätzung von Rechnungshofpräsidentin Kirsten Butzke ein Frühwarnsystem. „Das wird immer wichtiger, je mehr Schulden und damit Risiken das Land eingeht“, sagte Butzke der Deutschen Presse-Agentur in Rudolstadt. Das Investitionsprogramm für die Kommunen von einer Milliarde Euro bis 2029, das die Regierung über Kredite der Aufbaubank laufen lassen will, nannte sie eine verdeckte Staatsverschuldung. 

Es gehe bei einem Stabilitätsbericht, der als Frühwarnsystem dienen könne, um eine fundierte Prognose der Landesregierung, ob der Freistaat über einen längeren Zeitraum seine Ausgaben, die vielfach per Gesetz festgeschrieben sind, sowie seine Schulden bezahlen könne. Es sei ein Blick in die Zukunft – auch angesichts der durch die neuen Schulden weiter steigenden Zinsverpflichtungen und geringerer Einnahmen, weil Thüringens Bevölkerung schrumpft und die Zahl der Erwerbstätigen sinkt. „Seid realistisch“, forderte Butzke in Richtung Landespolitik. 

„Jetzt wird gemacht, was geht.“ 

Ein Stabilitätsbericht, den die Regierung ihrer Meinung nach vorlegen sollte, könnte wissenschaftlich von Fachleuten begleitet werden. Bisher habe es auf Länderebene nach ihrem Wissen einen solchen Bericht nur in Schleswig-Holstein gegeben. „Aber der Bund macht das mit seinem Tragfähigkeitsbericht bereits.“

Nach Auffassung der Rechnungshofpräsidentin nutzt die Landesregierung den Spielraum, den sie nach der Lockerung der Schuldenbremse durch den Bund hat, aus. „Jetzt wird gemacht, was geht.“ Umso wichtiger sei, dass das Geld auch tatsächlich in Investitionen vor allem zur Verbesserung der Infrastruktur fließe. „Es muss spürbare Effekte haben. In der Vergangenheit war das nicht immer so.“ 

„Diese Schulden gibt es nicht gratis“

Nach Angaben des Finanzministeriums sollen für den geplanten Doppelhaushalt 2026/27 insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro an Krediten aufgenommen werden, um Investitionen zu finanzieren. Rund 600 Millionen Euro seien es im kommenden Jahr und etwa eine halbe Milliarde Euro 2027. 

„Diese Schulden gibt es nicht gratis“, so Butzke. Sie würden durch Zins- und Tilgungszahlungen den Finanzspielraum des Landes auf lange Sicht einschränken. Wenn es diese Möglichkeit der Kreditaufnahme durch die Änderungen bei der Schuldenbremse nicht gäbe, „wäre klar, dass an den Landesausgaben gespart werden muss“, sagte sie. 

250 Millionen nur für Zinsen

Thüringen hatte mit Ausnahme der Corona-Zeit in den vergangenen, konjunkturell guten Jahren keine neuen Kredite aufgenommen, sondern einen kleinen Teil seines Schuldenbergs abgetragen. Die Schuldentilgung des Landes ist allerdings seit 2025 ausgesetzt. Nach einer Prognose des Finanzministeriums muss das Land in diesem Jahr etwa 250 Millionen Euro an Zinsen für seine bisher angehäuften Schulden zahlen. Der Landeshaushalt hat ein Volumen von knapp 14 Milliarden Euro.