Bis in die Nacht hinein haben die Spitzen von Union und SPD getagt. Nun präsentieren Bundeskanzler Merz und seine Minister die Ergebnisse.
Die Spitzen der Koalition haben sich nach Angaben von Kanzler Friedrich Merz in der Nacht zu Donnerstag nach stundenlangen Verhandlungen auf Reformen für den Automobilsektor, den Straßenbau und im Sozialbereich geeinigt. Dazu gehöre auch die Aktivrente, die zum 1. Januar 2026 kommen soll, sagte der CDU-Kanzler in Berlin. Merz sprach von einer „wirklich ausgesprochen guten Atmosphäre“ während der Gespräche.
Neue Grundsicherung löst Bürgergeld ab
Das Bürgergeld wird zu einer Grundsicherung für Arbeitsuchende umgestaltet. Die Mitwirkungspflichten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation und Terminversäumnissen werden verschärft. Grundsätzlich gilt wieder der Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor einer Qualifizierung.
Bas unterschied bei den Sanktionen „Terminschwänzer“ und „Arbeitsverweigerer“. Wer einen ersten Termin im Jobcenter versäumt, wird erneut geladen. Wird auch der zweite Termin nicht wahrgenommen, werden die Leistungen um 30 Prozent gekürzt. Bleibt auch ein dritter Termin ungenutzt, werden die Geldleistungen komplett eingestellt. Erscheint der Betroffene auch im darauffolgenden Monat nicht, werden alle Leistungen einschließlich der Zahlungen für Miete und Heizung beendet.
Verweigert ein Leistungsberechtigter die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, werden die Geldleistungen gestrichen. Bei den Sanktionen sollen Härtefälle berücksichtigt werden, etwa bei gesundheitlichen Gründen für das Nichterscheinen.
Die Karenzzeit bei der Vermögensanrechnung entfällt. Die Höhe des Schonvermögens wird an die Lebensleistung gekoppelt, also beispielsweise an das Alter und die Dauer von Beitragszahlungen zur Arbeitslosenversicherung. Auch die Karenzzeit für die Übernahme unverhältnismäßig hoher Wohnkosten entfällt.
Verkehr und Infrastruktur
„Alles, was baureif ist, wird gebaut“, kündigte Merz an. Das betreffe Schiene und Straße. Es gebe noch einmal drei Milliarden Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur. Im Beschlusspapier der Koalition heißt es ergänzend: „Es erfolgt eine Mobilisierung von insgesamt drei Milliarden Euro zusätzlich für die Straße durch eine Umschichtung von Mitteln im SVIK (Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität) aus dem Bereich der Mikroelektronik innerhalb des Zeitraums 2026-29.“
Zur Förderung der „Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge im Straßenverkehr“ soll es gezielt Fördermittel „insbesondere für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen“ geben. „Für dieses Förderprogramm werden die Mittel des EU-Klimasozialfonds zuzüglich von insgesamt drei Milliarden Euro aus dem KTF (Klima- und Transformationsfonds) bis 2029 verausgabt.“
Rente
Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 starten und Anreize schaffen, auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten. Ausgeschlossen sind Gewerbetreibende, Freiberufler sowie Selbständige in der Land- und Forstwirtschaft. Wer im Rentenalter weiterarbeitet, zahlt auf einen Verdienst von bis zu 2000 Euro im Monat keine Steuern. Dieser Freibetrag wird direkt beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt, was zu einem sofort höheren Nettogehalt führt.
Das Einkommen unterliegt zudem nicht dem Progressionsvorbehalt, erhöht also nicht den Steuersatz für das restliche zu versteuernde Einkommen. Das Finanzministerium hatte zunächst einen Progressionsvorbehalt vorgesehen, um die Steuermindereinnahmen durch die Aktivrente geringer zu halten. Die Frühstartrente als Einstieg in eine private Altersvorsorge im Kindesalter wird nicht mehr in diesem Jahr beschlossen, soll dann aber rückwirkend zum 1. Januar gelten.
Das bereits auf den Weg gebrachte Rentenpaket zur Sicherung eines Rentenniveaus bis 2031 von mindestens 48 Prozent eines Durchschnittslohns und zur Ausweitung der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder soll noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden. Das Paket belastet den Bundeshaushalt mit hohen Milliardenbeträgen und ist daher nicht unumstritten.
Der Koalitionsausschuss hatte bis tief in die Nacht getagt. Nach rund achtstündigen Beratungen waren die Spitzen von Union und SPD im Kanzleramt auseinandergegangen. Besonders aus Sicht der Union soll mit Gesetzesbeschlüssen im Herbst noch die Handlungsfähigkeit der Regierung bewiesen werden. Schlechte Umfragewerte setzen beide Regierungspartner unter Druck.
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