Umwelt: Initiatoren: Zukunftsentscheid kann Innovationsmotor sein

Der „Hamburger Zukunftsentscheid“ will erreichen, dass die Stadt bereits bis 2040 klimaneutral wird – fünf Jahre früher als vom rot-grünen Senat geplant. Die Kritik aus dem Rathaus „irritiere sehr“.

Die Initiatoren und Unterstützer des „Hamburger Zukunftsentscheid“ haben mit Unverständnis auf die Kritik an dem Volksentscheid reagiert. „Die bewusst überspitzten Angriffe gegen den Zukunftsentscheid, etwa durch Finanzsenator Andreas Dressel irritieren uns sehr“, sagte Annika Rittmann, Pressesprecherin des Hamburger Zukunftsentscheids. „Statt einen konstruktiven Dialog zu führen, werden bewusst Ängste geschürt. Natürlich überrascht es nicht, dass der Senat ein Gesetz ablehnt, das ihn jährlich verbindlich kontrollierbar machen würde.“ 

Jährliche Überprüfungen legten offen, wenn Hamburg nicht genug unternimmt, helfen dabei, gut durchdachte Maßnahmen umzusetzen und eine stetige Reduktion zu erreichen, anstatt radikale Maßnahmen nach 2040 zu riskieren, betonte Rittmann. Klimaneutralität sei längst gesetzlich beschlossen – und auch Sanierungen im Gebäudebereich oder Investitionen in Verkehr und Energie würden ohnehin notwendig. 

„Die Frage ist also nicht, ob diese Maßnahmen kommen, sondern wie. Genau hier setzt der Zukunftsentscheid an: Er sorgt dafür, dass Klimapolitik verbindlich, überprüfbar und vor allem sozial umgesetzt wird“, sagte die Sprecherin. 

Klimaneutralität bereits bis 2040

Der „Hamburger Zukunftsentscheid“ will erreichen, dass die Stadt bereits bis 2040 klimaneutral wird – fünf Jahre früher als vom rot-grünen Senat geplant. Das Bündnis um die Umweltbewegung Fridays vor Future wird unter anderem auch vom Umweltverband Nabu, der Gewerkschaft Verdi und dem Mieterverein Hamburg unterstützt. 

Für das Erreichen der Klimaneutralität sollen nach dem Willen der Initiatoren unter anderem jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festgelegt werden, die durch ein Monitoring überprüft werden. Im Herbst 2024 hatte die Initiative mehr als 106.000 Unterschriften für ihren Gesetzentwurf gesammelt und damit ihr Volksbegehren erfolgreich durchgebracht. Am 12. Oktober können die Hamburgerinnen und Hamburger in einem Volksentscheid über die verschärften Klimaschutzziele abstimmen. 

„Wer Olympia will, kann auch 2040 im Klimaschutz“

Wissenschaftliche Experten wiesen darauf hin, dass der Zukunftsentscheid ein Innovationsmotor für Hamburg sein könne. „Die derzeitige Diskussion um den Zukunftsentscheid zeigt, dass wir Klimaschutz noch zu defensiv begreifen: Die Klimaneutralität 2040 des Zukunftsentscheids wäre ein Innovationsmotor und ein Aushängeschild für unsere Stadt. Genauso begreifen das auch andere europäische Städte wie Stockholm“, sagte Jörg Knieling, Professor für Stadtplanung und Regionalentwicklung. 

Schwedens Hauptstadt plane, bis 2040 klimaneutral zu sein. Andere Städte wie Bremen, München oder Köln verfolgten mit 2035 noch ehrgeizigere Ziele. Er betonte, dass Wirtschaftsakteure immer wieder klare Rahmenbedingungen forderten, damit es beim Klimaschutz vorangehe. „Wer Olympia will, kann auch 2040 im Klimaschutz“, sagte Knieling.

Für Hans Schäfers, Professor für intelligente Energiesysteme und Energieeffizienz, ist der kurzfristige Überprüfungsmechanismus der wichtigste Punkt am Hamburger Zukunftsentscheid. „Es ist erstaunlich, dass unserem Klimaschutzgesetz dieser selbstverständliche Schritt noch fehlt. Gerade haben wir in der Klimapolitik einen Delay von 2-3 Jahren, was die Nachsteuerung angeht. Für andere Bereiche wäre das unvorstellbar: Unsere Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung legen wir auch nicht mit drei Jahren Verspätung vor. Eine jährliche Schätzbilanz ist für wirksamen Klimaschutz entscheidend – sonst bleiben wir im Ungefähren, während die Klimakatastrophe immer schneller und konkreter wird“, sagte Schäfers. 

Nordkirche will schon 2035 klimaneutral werden

Matthias Marx, Klimaschutzmanager des Kirchenkreises Hamburg West/Südholstein, betonte, dass der Klimaschutz zu den drängendsten Aufgaben unserer Zeit zähle. „Der Klimawandel trifft nicht alle Menschen gleich: Sozial benachteiligte Gruppen, Kinder und Jugendliche, ältere Menschen und vor allem zukünftige Generationen tragen die Hauptlast. Deshalb sehen wir es als Kirche als unsere moralische und gesellschaftliche Verantwortung, den Zukunftsentscheid zu unterstützen“, sagte Marx. Der Kirchenkreis Hamburg West/Südholstein wolle – ebenso wie die gesamte Nordkirche – bereits 2035 klimaneutral sein.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion kündigte unterdessen einen Antrag für die Parlamentssitzung an diesem Mittwoch an, in dem die Bürgerschaft den „Zukunftsentscheid“ ablehnen und realistische Ziele zur Klimaneutralität betonen soll. „Es ist irrwitzig zu glauben, Hamburg könne das Ziel der Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorziehen“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Die Folgen wären dramatisch: „Tausende Arbeitsplätze in Hamburgs Industrie und Mittelstand wären gefährdet, Mieten würden drastisch steigen und es drohen flächendeckende Fahrverbote.“ Dieser Volksentscheid sei unbezahlbar, irreführend und werde zu erheblichen sozialen Verwerfungen führen, klagte Thering.