Das „One Piece“-Symbol taucht bei Demonstrationen in Asien, Südamerika und Europa auf. Via Social Media nutzt es die Gen Z, um gegen Korruption zu kämpfen. Bald auch hierzulande?
In Frankreich gehen derzeit Hunderttausende Menschen auf die Straße. Sie kämpfen gegen Sparmaßnahmen in dem sowieso schon hoch verschuldeten Land. Lehrkräfte legen die Arbeit nieder, Schulen bleiben zu, Züge fallen aus. Mit dabei: Eine Flagge mit Totenkopf samt Strohhut.
10.000 Kilometer östlich von Paris: Bei Demonstrationen gegen die Regierung in Peru werden mindestens 18 Menschen verletzt, darunter Polizisten und Journalisten.
Hauptsächlich junge Erwachsene aus der sogenannten Generation Z folgen den aktuellen Protesten. Hintergrund ist die zunehmende Unzufriedenheit mit der Regierung von Präsidentin Dina Boluarte. Ihre Amtszeit endet 2026. Umfragen zufolge sehen viele Menschen sie persönlich, ihr Kabinett und ebenso das Parlament als korrupt an. Auch hier in Südamerika unübersehbar: die Strohhut-Totenkopf-Fahne – geschwenkt von Protest-Teilnehmern.
Schwarze Fahne, weißer Totenkopf plus Strohhut
Nochmals gut 20.000 Kilometer weiter weg liegt Kathmandu. In Nepals Hauptstadt löst ein Verbot für soziale Medien schwerste Unruhen aus. Häuser von Spitzenpolitikern brennen, das Parlament wird gestürmt – und angezündet. 19 Todesopfer fordern die Ausschreitungen, Ministerpräsident Oli tritt zurück.
Die Proteste entzündeten sich, nachdem die Regierung des Himalaya-Staates Anfang September dieses Jahres 26 Onlinenetzwerke verboten hatte. Sie wollte die Dienste dadurch zwingen, sich registrieren und unter staatliche Aufsicht stellen zu lassen. Erneut gut sichtbares Symbol der Protestierenden: schwarze Fahne, weißer Totenkopf plus Strohhut.
Was hat es mit dieser Fahne auf sich? „One Piece“ lautet der Name des Symbols. Seit 1997 gibt es die aus Japan stammende gleichnamige Anime-Serie als Magazin. Etliche Ableger für TV, Kino und in Buchform sorgten für einen Verbreitungsgrad wie beispielsweise bei der Harry-Potter-Reihe. 2023 schließlich sprang auch Netflix auf den Zug auf und produzierte eine zunächst auf acht Folgen ausgelegte „One Piece“-Version, die weltweit Fans fand.
„One Piece“ ist ein sagenhafter Schatz
„One Piece“ ist ein Schatz, der in einem Stück („one piece“) einstmals verborgen wurde und sagenhaft wertvoll sein soll. Der Totenkopf steht seit jeher für Piraterie. Er soll einerseits Schrecken verbreiten, symbolisiert aber auch Freiheit und Unabhängigkeit. Der Strohhut wiederum steht für Zielstrebigkeit – dem Festhalten an seinen Träumen vom Glück. In der „One Piece“-Serie erhält ihn einer der Protagonisten von einem Vorgänger, ähnlich einem Zepter, das in Königsfamilien übergeben wird.
Kampfeslust, Freiheit und die Suche nach Glück – wie auch immer dieser „Schatz“ genau ausgestaltet wäre – sind Ideale, hinter denen sich offenbar Menschen aus der ganzen Welt versammeln können. Hauptsächlich die Gen Z, also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, dürften „One Piece“ als Symbol dieser Konzepte verstehen – und es via Social Media rund um die Welt verbreitet haben.
„Herbst der Reformen“
Die Macht dieses Symbols versucht unterdessen die Regierung von Indonesien einzudämmen. Auch in dem südostasiatischen Land begehren Bürger gegen Korruption und Haushaltskürzungen auf. Staatstreue Politiker betrachten das Zeigen der „One Piece“-Flagge als Gefahr. Ihr Land könne dadurch gespalten werden. Ein Abgeordneter sprach in dem Zusammenhang gar von „Hochverrat“.
Und hierzulande? Bei den jüngsten Protesten in Deutschland tauchte das Symbol bislang nicht wahrnehmbar auf. Angesichts der Geschwindigkeit von Social-Media-Viralität muss das nicht so bleiben. Bundeskanzler Merz kündigte jüngst den „Herbst der Reformen“ an. Auch dieser dürfte von Protesten begleitet werden. Und womöglich taucht dann auch in Deutschland der Totenkopf mit dem Strohhut auf.