Großer Schock bei Caren Miosga: Kann es sein, dass Linke wollen, dass man Reiche stärker besteuert? Heidi Reichinnek war zu Gast und sprach schnell.
Es ist schon ein bisschen witzig. Da sitzt Heidi Reichinnek, Co-Fraktionsvorsitzende der Linken, bei Caren Miosga und dann muss man erstmal klären: Wie war das in der DDR eigentlich, war das ein gutes System? Dem stern habe sie schließlich im Interview gesagt, dass sie keinen echten Sozialismus erlebt habe. Reichinnek wehrt ab: Sie habe gesagt, dass der DDR-Sozialismus nicht der gewesen sei, den sich ihre Partei vorstelle, nämlich einen demokratischen Sozialismus, der sich die Rosinen rauspickt, mit gutem ÖPNV, toller Kinderbetreuung und der öffentlichen Daseinsvorsorge etwa.
Man hat also eine Linke eingeladen und ihr die Frage gestellt: Finden Sie das wirklich gut, dieses Linkssein, die sozialistische Idee, am Ende vielleicht auch noch Marx? Dann noch: Und den Kapitalismus finden Sie doof? Die Linke antwortet: „Kinder leben in Armut, Rentner sammeln Pfandflaschen, Menschen können sich keine Wohnung und warme Mahlzeiten mehr leisten – und das alles unter dem Kapitalismus.“ Und der Klassiker darf auch nicht fehlen: Mit Putin soll man einfach über das Ende des Ukrainekriegs sprechen, statt Waffen zu liefern?
Heidi Reichinnek bei Caren Miosga: Die Frage sei, wie man an eine Milliarde rankomme
Heidi Reichinnek, schwarzes Kleid, knallroter Lippenstift, spricht sehr schnell. Das kann man überall über sie lesen. Das kann man auch bei Caren Miosga hören. Gleich zu Beginn bittet die Linken-Vorsitzende darum, sie zu bremsen, sollten die Worte mit ihr durch gehen. Gebremst wird hier aber nicht wegen Geschwindigkeit, sondern für Milliardäre. Es ist kein Geheimnis, dass die Linke gerne sogenannte Superreiche besteuern würde. Miosga zeigt ein paar Clips aus Sozialen Netzwerken, in denen Reichinnek genau das anspricht. „Frau Reichinnek, alle Menschen mit großem Vermögen haben sich dieses Vermögen nicht erarbeitet, sind Sie sich sicher?“, fragt Miosga. Sie wirkt besorgt.
„Drei Viertel der Vermögen in Deutschland sind ererbt“, sagt Reichinnek. Die Frage sei, wie man an eine Milliarde rankomme, das sei keine Eigenleistung. Sonst wäre jede Pflegekraft, jede Reinigungskraft Milliardärin, denn was die leisten, sei beeindruckend. Das Problem sei: Arbeit sei in Deutschland stärker besteuert als Vermögen. „Das ist doch eine Unwucht“, sagt sie. „Da muss man doch ran.“
Die Linke fordert: Reiche stärker belasten, Arbeit gerechter besteuern
Man brühtet hier gemeinsam über der Frage, ob linke Politik „unseren“ Wohlstand gefährdet. Später wird etwa der „table media“-Chefredakteur Michael Bröckner seine These ausbreiten, wonach eine Vermögenssteuer demotivierend auf Unternehmer wirke, dann wolle ja niemand mehr etwas erreichen. Die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner weist wiederum daraufhin, dass wer es in Deutschland schaffen will, am besten Eltern haben sollte, die es schon geschafft haben, denn es gebe wenig Mobilität da oben.
Ob es nicht populistisch sei, zu sagen, alle Milliardäre seien kriminell, fragt Miosga. „Ich finde es total interessant, dass wir gerade eine Debatte über arme Milliardäre führen, zu denen alle so gemein sind, während seit Monaten und Jahren auf Bürgergeldempfänger, auf Migrantinnen draufgeprügelt wird.“
Miosga hakt ein: Darum gehe es nicht, ihr gehe es um die Sprache. Wenn Merz sage, alle Migranten seien faul, dann nenne Reichinnek ihn einen Populisten, während sie sagt, dass alle Milliardäre Schmarozer seien.
„Wir haben 800.000 Menschen hier, die nur von ihrem Vermögen leben können“, sagt Reichinnek. Da sei es doch nur gerecht, wenn die sich an der Finanzierung unserer Gesellschaft beteiligten. Aber könne man nicht respektvoll im Ton bleiben?, fragt Miosga. „Für respektvoll ist es zu spät.“
Die Vermögenssteuer wolle ab einer Million ein Prozent, ab 50 Millionen fünf Prozent, ab einer Milliarde zwölf Prozent. „Die haben dann immer noch mehr als genug Geld.“ „Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich für die nicht so viel Mitleid habe und mich lieber an Alleinerziehenden orientiere, die hart arbeiten und trotzdem aufstocken müssen, die Rentnerin sehe, die trotzdem noch Schichten schiebt, weil es einfach nicht reicht – das sind die Leute mit, von und für die ich reden möchte.“ Wenn sie die entlasten wolle, müsse sie eine klare Kante ziehen und das Geld da holen, wo es sei. „Aber dann hat wenigstens die Mehrheit mehr davon.“
Am Ende hat man zwar keinen Erkenntnisgewinn, aber es ist schön, mal wieder gehört zu haben, dass Linke links sind, dass es noch Liberale wie Michael Bröckner gibt, die einen nostalgischen Hauch FDP durch’s Fernsehen wehen lassen und dass Heidi Reichinnek sehr schnell sprechen kann.