Todesfalle Rotes Meer: Der stern erfindet Yacht, weltweites Buchungsportal fällt darauf rein

In Ägypten verunglückten zuletzt Dutzende Tauchschiffe. Viele konnten beim Reiseportal Liveaboard gebucht werden. Ist dem Unternehmen Sicherheit egal? Wir haben es verdeckt getestet.

Eines der weltweit größten Buchungsportale für Tauchkreuzfahrten, Liveaboard.com mit Sitz in Amsterdam, überprüft offenbar Sicherheitsstandards der Boote nicht, die es vermittelt. Das berichten stern und RTL. Ein Rechercheteam bot dem Unternehmen demnach ein erfundenes Schiff mit gravierenden Sicherheitsmängeln an. Es fehlten Rettungswesten, Feuerlöscher und ein Notausgang. Das Team bekam dennoch einen Vertrag, um ins Angebot aufgenommen zu werden. 

Die Reporterinnen hatten sich als neuer Anbieter mit Sitz in Ägypten ausgegeben, eine Internetseite gebaut mit Fotos und Kerndaten des angeblichen Schiffs namens „Star Adventure“. Auf diesem fehlten sichtbar Feuerlöscher, Rettungswesten und etliche andere Dinge, die im Notfall über Leben und Tod von Crew wie Passagieren entscheiden können. 

Unsere Reporterinnen durchliefen damit den Bewerbungsprozess bei Liveaboard.com – ohne dass Liveaboard.com Sicherheitsmängel des angebotenen Schiffes beanstandete. Zudem habe der Reisevermittler keine konkreten Nachweise verlangt, die auf die Schiffssicherheit hätten schließen lassen. Auch in einem Videocall hätten drei Mitarbeiterinnen des Unternehmens keine Fragen dazu gestellt. Sie informierten mit einer Präsentation über das eigene Geschäftsmodell. Darin fand sich achtmal das Wort „payment“, englisch für „Bezahlung“. Das Wort „safety“, Sicherheit, dagegen kein einziges Mal.

Die Redaktion hat Liveaboard.com mit den Vorwürfen schriftlich konfrontiert. Das Unternehmen hat nicht geantwortet.

Erhöhte Zahl an Schiffsunglücken in Ägypten

Hintergrund der Recherche ist eine beispiellose Unfallserie von Tauchsafarischiffen auf dem Roten Meer. Seit 2022 gingen weltweit rund 30 Tauchsafarischiffe unter, mehr als jedes Zweite in Ägypten. Viele betroffene Schiffsbetreiber sind oder waren im Angebot von Liveaboard.com gelistet. Auch Überlebende wie Tote einiger der jüngsten Unfälle hatten ihre Reise über den Vermittler gebucht, zum Beispiel Gäste der „Sea Story“, die im November vergangenen Jahres sank. Medien aus aller Welt hatten über den Fall berichtet. Elf Menschen starben, darunter drei Deutsche.

Das Geschäftsmodell des Unternehmens Liveaboard.com funktioniert ähnlich wie Airbnb oder Booking.com. Über Liveaboard.com buchen Kunden online mehrtägige Bootsreisen, bei denen die Schiffe verschiedene Tauchplätze anfahren. Nach eigenen Angaben umfasst das Angebot von Liveaboard.com 600 Boote, im vergangenen Jahr habe man mehr als 34.000 Gäste auf über 19.000 Reisen geschickt. 30 Prozent seiner Kunden kommen laut dem Unternehmen aus Europa.