Umstrittene Diskussion: Palmer und AfD-Landeschef streiten – trotz Störungen

Am Anfang muss erst die Polizei beim Streitgespräch zwischen Boris Palmer und AfD-Landeschef Frohnmaier sorgen – dann kommt es aber tatsächlich bei einigen Themen zu einer Debatte.

Buhrufe, Sprechchöre und laute Sirenen: Das Streitgespräch zwischen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier ist zu Beginn von längeren Störungen überschattet worden.

Die Polizei führte zahlreiche Störer aus der Halle – und sprach Platzverweise aus, wie sie auf X mitteilte. Oberbürgermeister Palmer begründete den Ausschluss der Störer mit dem Hausrecht, das er als Oberbürgermeister habe. „Ich habe die Polizei gebeten, diejenigen, die nicht zulassen wollen, dass ein Meinungsaustausch stattfindet, friedlich zu bitten, den Saal zu verlassen“, sagte Palmer auf der Bühne.

Immer wieder Sprechchöre in der Halle

Schon zuvor war es in der Halle immer wieder zu Unterbrechungen gekommen, weil die Zuhörerinnen und Zuhörer Sprechchöre anstimmten. Die eine Seite rief „Nazis raus“ oder „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“, die andere beklatsche AfD-Landeschef Frohnmaier beim Einzug in die Halle mit „Markus, Markus“-Rufen. 

Erst nachdem viele Störer die Halle verlassen haben – von der Polizei begleitet oder freiwillig – konnte die Debatte auf dem Podium beginnen. Dort stritten Palmer und Frohnmaier über sechs verschiedene Themenblöcke – je drei von Frohnmaier und je drei von Palmer vorgeschlagen: Meinungsfreiheit, Klimaschutz, Innere Sicherheit und Migration, Wohnungsbau und Soziales, Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg sowie Demokratie und Rechtsstaat. Moderiert wurde das Streitgespräch von Joachim Knape, der an der Universität Tübingen als Professor für Rhetorik lehrt. 

Bei manchen Themen kommt tatsächlich eine Debatte auf

Eine wirkliche Debatte, bei welcher die beiden Politiker auf den jeweils anderen eingingen, gab es nicht bei allen Themenfeldern. Frohnmaier ging eher selten inhaltlich auf die Aussagen Palmers ein, der versuchte dagegen immer wieder, Frohnmaiers Aussagen etwas entgegenzusetzen. 

So stellte er etwa auf die Aussage Frohnmaiers, dass Deutschland ein Problem mit der Inneren Sicherheit habe, Zahlen aus der Kriminalstatistik entgegen. So habe die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr bei 5,5 Millionen und im Jahr 2000 bei 6,3 Millionen gelegen. Das gelte auch für die Zahl der schweren Straftaten wie Mord und Totschlag. „Wer vor 20 Jahren keine Angst auf der Straße hatte, der muss es heute auch nicht haben“, sagte Palmer.

Frohnmaier warf Palmer daraufhin vor, die Statistik nicht richtig lesen zu können und bot Hilfe eines AfD-Abgeordneten-Kollegen an – was Palmer mit Verweis auf sein Mathematikstudium konterte.

Mehr als Tausend Demonstranten 

Vor der Debatte hatten nach Polizeiangaben mehr als Tausend Demonstranten gegen die Veranstaltung protestiert. Vor der Halle kritisierten Redner die Debatte und Oberbürgermeister Palmer scharf. 

Der hatte im Vorfeld gesagt, er wolle bei der Debatte die inhaltlichen Schwächen der AfD offenlegen und zeigen, dass sie in vielen Bereichen inkompetent sei. Die Demonstranten halten das für sinnlos. Fakten interessierten die AfD-Wähler überhaupt nicht, sagte eine Vertreterin der Initiative Omas gegen Rechts. „Die AfD ist auf inhaltlicher Ebene nicht zu entzaubern, wie Herr Palmer das sagt.“

Die Demonstration verlief zunächst weitgehend friedlich, am Rande kam es zeitweise zu Rangeleien zwischen Polizei und Demonstranten. Im Vorfeld hatte sich die Polizei auch auf gewaltbereite Demonstranten eingestellt. Palmer hatte zuvor an die Teilnehmer der Demos appelliert, sich von denen fernzuhalten, die nicht die Absicht hätten, friedlich zu demonstrieren.

Das Gespräch wurde von einem massiven Aufgebot der Polizei begleitet. In den Seitenstraßen rund um die Halle in Tübingen waren zahlreiche Einsatzfahrzeuge zu sehen, die Eingänge zu dem abgesperrten Gelände wurden von Beamten kontrolliert. 

Streitgespräch nach abgesagter AfD-Demo

Zu dem Streitgespräch hatte sich Palmer im Gegenzug für die Absage einer AfD-Demonstration Mitte Juli bereiterklärt. Die AfD hatte damals eine Demonstration in der Tübinger Innenstadt geplant. Einzelhändler fürchteten Umsatzverluste und wandten sich an Palmer, ob die Demo verlegt werden könne. Die AfD hatte daraufhin angeboten, auf die Demo zu verzichten, wenn Palmer öffentlich mit AfD-Abgeordneten diskutiere. Darauf ließ sich der OB ein.