Rund 200 Teilnehmer erwartet: Protest gegen Gas – Aktivisten reisen für Camp nach Borkum

Fridays for Future und die Umwelthilfe wollen mit einem „Klimacamp“ gegen die Erdgasförderung nahe Borkum demonstrieren. Unterstützung für ihren Protest sehen die Aktivisten in einem neuen Gutachten.

Mit einem „Klimacamp“ wollen Fridays for Future und die Deutsche Umwelthilfe in den kommenden Tagen auf Borkum erneut gegen die Erdgasförderung in der Nordsee nahe der Insel demonstrieren. Am Vormittag machten sich die ersten Aktivisten und Umweltschützer von Emden aus per Fähre auf den Weg auf die Insel. „Wir sind diesmal nicht nur mit einem Klimastreik auf Borkum, sondern mit einem ganzen Protestcamp, was bis Sonntag gehen wird“, sagt Yasin Hinz von Fridays for Future. Zu dem Protest erwarten die Organisationen mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 

Bei dem Camp sind Workshops, Konzerte und Lesungen unter anderem mit Klimaaktivistin Luisa Neubauer geplant. Am Freitag soll es eine Demonstration am Inselbahnhof geben. Die Polizei erwartet zu dem angemeldeten Protest rund 150 Teilnehmer, wie eine Sprecherin sagte. Zuletzt hatte Fridays for Future im Juli auf Borkum gegen die Gasförderung demonstriert.

Warum demonstriert wird

Der Protest der Klimaaktivisten richtet sich gegen die Erdgaspläne des niederländischen Energiekonzerns One-Dyas. Um die Gasförderung, die über eine rund 20 Kilometer vor der Insel errichteten Förderplattform erfolgt, gibt es seit Jahren Streit. Das Erdgasfeld liegt unter deutschem und niederländischem Meeresboden. Auf niederländischer Seite fördert One-Dyas seit März erstes Gas, auf deutschem Gebiet soll es bald losgehen.

Während Befürworter durch das zusätzliche, heimische Gas die Energiesicherheit gestärkt sehen, fürchten Umweltschützer und Insulaner Schäden für die Meeresumwelt und sehen Klimaschutzziele in Gefahr.

Mit ihrem neuen Protest wollen Fridays for Future und die Umwelthilfe den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. „Wir erhoffen uns natürlich, dass wir mit diesem Protestcamp noch einmal alle Aufmerksamkeit auf Borkum ziehen können und dass wir diese Gasbohrungen letztendlich verhindern können“, sagt Hinz. Er verwies zudem auf ein neues, von der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Position der Umweltgruppen stütze.

Neues Greenpeace-Gutachten 

In dem am Donnerstag veröffentlichen Rechtsgutachten kommt die Hamburger Juristin Roda Verheyen zu der Einschätzung, dass der kürzlich zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossene völkerrechtliche Vertrag für die grenzüberschreitende Erdgasförderung verfassungs- und völkerrechtswidrig sei. Demnach seien neue fossile Fördervorhaben wie etwa vor Borkum mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommen und dem Klimaschutzgebot im Grundgesetz unvereinbar, heißt es in dem Gutachten.

Das Abkommen ist eine Voraussetzung dafür, dass auch auf deutschem Hoheitsgebiet Erdgas gefördert werden darf. Allerdings muss ein zugehöriges Vertragsgesetz noch Bundestag und Bundesrat passieren. 

Die Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, erneuerte mit Blick auf das Rechtsgutachten die Kritik ihrer Partei an der Erdgasförderung. „Die Bundesrepublik darf keine Abkommen über fossile Projekte abschließen, die Klimaschutz völlig ignorieren und möglicherweise sogar verfassungs- und völkerrechtswidrig sind.“ Es liege nun in der Hand von Union und SPD, das Gasbohrprojekt zu stoppen, indem sie dem Vertragsgesetz nicht zustimmten. 

Die aktuelle Koalition aus CDU, CSU und SPD hat allerdings im Koalitionsvertrag vereinbart, „die Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland“ zu nutzen.

Sofortvollzug trotz Klage angeordnet

Neben Fridays for Future und der Umwelthilfe wollen auch Vertreter der Jusos und der Grünen Jugend Niedersachsen an dem Protest auf Borkum teilnehmen, wie die Jugendorganisationen gemeinsam mitteilten. Die geplante Gasförderung vor Borkum stehe in direktem Widerspruch zu den Klimazielen und zur Verantwortung gegenüber künftigen Generationen, hieß es. „Sie schafft neue fossile Infrastruktur in einem hochsensiblen Gebiet.“

Auch Gerichtsentscheidungen könnten die Gasförderungen noch stoppen. Denn die Deutsche Umwelthilfe, weitere Umweltverbände und die Insel Borkum klagen gegen die Erdgasförderung vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht. Obwohl das Gerichtsverfahren noch aussteht, hatte das zuständige niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) allerdings Anfang dieser Woche einem von One-Dyas beantragten Sofortvollzug zugestimmt. Die Behörde führte dafür mehrere Gründe an, nannte aber allem voran die Energiesicherheit.

Damit darf One-Dyas nun Gas auch aus deutschem Meeresboden fördern. Der Konzern plant, eine Bohrung auf deutschem Hoheitsgebiet im Dezember zu beginnen. Gas könnte dort dann voraussichtlich 2026 gefördert werden. Die Umwelthilfe ließ bislang offen, ob sie auch wegen des angeordneten Sofortvollzugs vor Gericht ziehen wird.