Sollte „Catcalling“ strafbar sein? Das fordert die SPD – und bekommt Widerspruch vom Koalitionspartner. Die Union lehnt „in der Praxis nicht durchsetzbare Regelungen“ ab.
Die Union lehnt einen neuen Straftatbestand für verbale sexuelle Belästigung, auch „Catcalling“ genannt, ab und erteilt einem Vorstoß der SPD damit eine Absage. „Symbolgesetzgebung und in der Praxis nicht durchsetzbare Regelungen helfen den Betroffenen am Ende nicht weiter“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Susanne Hierl dem stern. „Wichtiger ist ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass solche verbalen Belästigungen schlicht inakzeptabel sind und die soziale Missbilligung solcher Verhaltensweisen.“
Zwar betonte Hierl, dass Catcalling „respektlos, verletzend und nicht tolerierbar“ sei. Die CSU-Politikerin schränkte allerdings ein: „Diese Handlungen sind rechtlich nicht verfolgbar, solange keine strafbare Beleidigung vorliegt. Dennoch führen neue Straftatbestände, deren Grenzen praktisch kaum handhabbar und kontrollierbar sind, eher zu Unsicherheit als zu mehr Rechtssicherheit.“
SPD will „Catcalling“ strafbar machen
Zuvor hatte die SPD-Bundestagsfraktion gefordert, auch verbale sexuelle Belästigung unter Strafe zu stellen. „Diese Gesetzeslücke muss geschlossen werden. Solch ein Verhalten können wir nicht tolerieren“, hatte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede im Interview mit dem stern gesagt. Deswegen trete die SPD-Fraktion dafür ein, einen neuen Straftatbestand gegen das sogenannte „Catcalling“ zu schaffen. „Wir sprechen hier von gezielter, erheblicher, mündlicher sexueller Belästigung“, sagte Eichwede.
Verbale sexuelle Belästigung stelle im juristischen Sinne keine Beleidigung oder persönliche Herabsetzung dar, erklärte die Sozialdemokratin. Der Bundesgerichtshof habe in einem Urteil von 2017 festgestellt, dass hier eine Gesetzeslücke vorliege. Verbale sexuelle Belästigung schüchtere die Opfer, in aller Regel Frauen oder Mädchen, massiv ein. „Nicht die Opfer sollten ihr Verhalten ändern, sondern die Täter“, sagte Eichweide. Studien zeigten, dass häufig Opfer ihr Verhalten änderten und sich zum Teil aus dem öffentlichen Leben zurückziehen würden. „Dem müssen wir entschieden entgegenwirken“, forderte Eichwede.