Besonders begehrte Plätze für die Bestattung, bronzene Schnallen und Reste von Ledergürteln: Neue Grabungen am ehemaligen Kloster Himmelpforte geben Einblicke.
Im ehemaligen Kloster Himmelpforte bei Wernigerode (Landkreis Harz) haben Archäologen teilweise über zwei Meter hohe Grundmauern freigelegt und zahlreiche Funde gemacht. „In der Klosterkirche ruhten hohe Mitglieder und adelige Wohltäter des Konventes. Die im Kreuzgang zur letzten Ruhe gebetteten Menschen werden Augustiner-Eremiten gewesen sein“, sagte Projektleiter und Archäologe Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
„Einige Tote tragen bronzene Schnallen, an denen sich auch Reste ihrer Ledergürtel erhalten haben. Bei etlichen Gräbern weisen eiserne Nägel auf Särge hin“, berichtete der Archäologe.
Nähe zum Altar war begehrt als Bestattungsort
Die Mehrheit der Toten aus dem 13. bis 16. Jahrhundert bleibt anonym. Besonders das Terrain am Rechteckchor der Kirche, der den Hauptaltar enthielt, war zur Bestattung begehrt.
Die Nähe zum spirituellen Herzen des Klosters versprach den Gläubigen Seelenheil und Hoffnung auf Auferstehung. Hier ballen sich die Gräber von Kindern, Frauen und Männern, meistenteils Bewohner der Klostergüter.
Eine Ausnahme bildet ein Grab, bei dem man weiß, wer darin liegt: Die 1520 gestorbene Gerrun von Königstein. Die reich verzierte Grabplatte wurde bereits im Vorjahr entdeckt und konnte jetzt gehoben werden. In der darunter liegenden, ungewöhnlich tiefen Grabgrube lagen die Gebeine des hochadeligen Mädchens mit fromm zum Gebet gefalteten Händen.
Silbermünzen und Klosterinventar
Zudem fanden die Ausgräber mehr als ein Dutzend Silbermünzen, eisernes Arbeitsgerät, Tongeschirr und Ofenkacheln, Buchbeschläge aus Buntmetall, Schreibgriffel und sogar ein zierlich eleganten Ohrlöffel aus Knochen, als Utensil der persönlichen Hygiene. „Die Dinge beleuchten viele Aspekte des klösterlichen Alltags“, sagte Biermann.
Mittlerweile ergibt sich durch die Grabungen ein facettenreiches Bild des Klosterkomplexes. „Die Augustiner-Eremiten hatten eine architektonische Form gewählt, die stattlich und imposant wirkte, zugleich aber ohne Prunk auskam“, sagte der Archäologe. „Der später südlich an die Kirche angesetzte Baukörper war vermutlich die auch schriftlich erwähnte Katharinenkapelle.“
Im Norden schloss sich der dreiflügelige Klausurkomplex an die Kirche an, der sich mit seinem Kreuzgang um einen nur kleinen Hof schloss. Eine halbrunde, in den Kreuzgang ragende Fundamentstruktur an der Nordwand der Kirche war vielleicht die Nische eines Seitenaltars.
Erstürmt und geplündert
Trümmerschichten, Brandreste, heruntergebrochene Kellergewölbe und unter Feuereinwirkung zerschmolzene Dachziegel belegen die Zerstörung und Verwüstung des Klosters im Bauernkrieg und in den folgenden Jahrhunderten. Das Kloster Himmelporte wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts gegründete und am 30. April oder 1. Mai 1525 durch aufrührerische Bauern und mehrere Bürger der Stadt Wernigerode erstürmt und geplündert.
Die Grabungen fanden im Rahmen eines sogenannten Citizen-Science-Projekts mit 40 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Alter von 12 bis 77 Jahren statt. Möglich wurde dies durch die Unterstützung der Stadt Wernigerode und der Förderung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Gedenkjahrs „Gerechtigkeyt. Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg“.