Eine Familie ist tot, der Verdächtige spurlos verschwunden. Doch dann wird eine Leiche entdeckt. Noch ist unklar, ob es der Gesuchte ist – doch die Menschen hoffen auf baldige Klärung.
Dutzende Uniformierte stochern im Gras und graben im Feldboden. Immer wieder kommen Menschen aus Weitefeld an den Feldrand. Es hat sich rumgesprochen, dass die Polizei hier eine Leiche gefunden hat – vier Monate nach der Tötung einer Familie und dem spurlosen Verschwinden des Verdächtigen. Jetzt gibt es Hoffnung auf eine baldige Aufklärung.
Dafür gibt es Gründe. Die Leiche wurde nur rund einen Kilometer von Weitefeld entfernt gefunden. Noch aber ist nicht klar, ob es sich um den 61 Jahre alten Verdächtigen handelt. Offene Vermisstenfälle gibt es laut Polizeisprecher in der Region zurzeit nicht. Er spricht zudem von einer längeren Liegezeit der Leiche. Eine Obduktion soll nun Gewissheit bringen. Dann würden sich die Menschen in der Gemeinde auch wieder sicherer fühlen.
Am ersten Sonntag im April hatte die Polizei am frühen Morgen drei Tote in einem Einfamilienhaus entdeckt. Die Mutter hatte selbst noch den Notruf gewählt. Doch die 44-Jährige, ihr 47 Jahre alter Mann und der 16-jährige Sohn der beiden starben. Wenig später steht fest: Das Ehepaar verblutete nach Stich- und Schussverletzungen, der Jugendliche starb an einer Schussverletzung. Von dem Verdächtigen aber fehlte jede Spur.
Wäre große Erleichterung
Es wäre eine große Erleichterung für den Ort, wenn die gefundene tote Person der mutmaßliche Dreifachmörder wäre, sagt Ortsbürgermeister Karl-Heinz Keßler (parteilos). Während die Polizei am Mittwoch am Fundort nach weiteren Beweisen wie etwa Kleidung, Werkzeugen oder Tatwerkzeugen sucht, kommen immer wieder Menschen an dem Feld vorbei.
Der Mordfall sei ein „Riesenereignis“ gewesen, das sich in vielen Köpfen festgesetzt habe, erzählt Dirk Eickhoff (CDU), Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf. Der Leichenfund und die Frage, ob es sich bei dem Toten um den mutmaßlichen Mörder handele, sei sehr emotional für die Menschen hier. Diese sind nach Eickhoffs Worten durch schwierige Monate mit viel Angst und Ungewissheit gegangen.
Die Angst der Bürger habe sich etwa darin gezeigt, dass „man geguckt hat, schickt man die Kinder abends noch alleine von A nach B oder zu ihren Freunden? Geht man noch spazieren? Reitet man noch aus? Alle diese Themen waren immer da“, so Eickhoff.
Eine Frau, die mit ihren Hunden spazieren geht, zweifelt daran, dass es wirklich der mutmaßliche Dreifachmörder ist. Der Fundort sei so nah an Weitefeld, man hätte ihn schon finden müssen, sagt sie.
Und tatsächlich befinden sich die zentralen Schauplätze des Falls in einem kleinen Umkreis: Die Stelle, die die Polizei durchsucht, liegt weniger als einen Kilometer vom Ortsrand Weitefelds entfernt. Das Haus, in dem die Familie gefunden wurde, ist ebenfalls rund einen Kilometer weit weg. Und auch der Ort, aus dem der mutmaßliche Täter kommt, befindet sich nur ein paar Kilometer weiter.
Der Fundort der Leiche habe auch zu den Bereichen gehört, die die Polizei zuvor abgesucht habe, sagt Polizeisprecher Jürgen Fachinger. Ob die Person schon während der Suchmaßnahmen dort gelegen habe, sei „reine Spekulation“.
„Ob man die Kinder wieder rauslassen kann“
Zahlreiche Polizistinnen und Polizisten sind auf dem Feld zugange, haben Schaufeln in der Hand oder mähen das hohe Gras. In dem abgesperrten Gebiet steht eine Ansammlung von Bäumen, es gibt offenes Feld und mehrere kleine Schuppen. Die Ermittler und Ermittlerinnen stochern mit langen Stäben ins Gras, heben Holzplatten hoch und durchkämmen das Gebiet.
Ein anderer Mann ist extra mit dem Auto an den Feldrand gekommen, um nachzuschauen, was passiert. Es spreche sich schnell herum, wenn die Polizei irgendwo sei, sagte er. „Es wäre eine unheimliche Erleichterung, wenn man wissen würde und Gewissheit hätte, ob er es wirklich ist. Ob man die Kinder wieder rauslassen kann“, sagt er. „Das Ungewisse, das war eine unheimlich lange Zeit, vier Monate.“ Neben ihm steht ein weiterer Mann, der gerade mit dem Fahrrad unterwegs war. Er habe auch mal in Weitefeld gewohnt, sagt er. Er habe die Familie gekannt.
Noch immer Kerzen am Haus
Ein Kilometer weiter, am Haus der getöteten Familie: Noch immer stehen dort einige Grabkerzen, doch mittlerweile sind alle erloschen. Die Blumen vor dem Eingang sind verwelkt. Der mutmaßliche Dreifachmord sei noch immer Thema im Ort, sagt die Frau mit ihren Hunden am Fundort der Leiche. Sie laufe fast jeden Tag an dem Haus der Familie vorbei.
Rund 2.250 Menschen leben in Weitefeld – in so einem Dorf kennen sich viele. Der Tod der Familie ist hier seit vier Monaten nicht vergessen. Sollte es sich bei der Leiche tatsächlich um den mutmaßlichen Täter handeln, könnte das zumindest etwas zur Verarbeitung des Ganzen beitragen.