100 Tage neue Bundesregierung: Nicht allen Ministern aus Bayern gelingt der Blitzstart

Während der Ampelregierung empörte sich die CSU fast täglich über die geringe Zahl an Bayern im Bundeskabinett. Das ist Vergangenheit. Doch wie schlagen sich die neuen Bundesminister?

Mit der Rückkehr von CDU und CSU in die Bundesregierung erhöhte sich Anfang Mai die Zahl der Bayern in Ministerposten schlagartig. In der Ampelregierung war es nur Grünen-Urgestein Claudia Roth – nun sitzen vier Bayern mit ministerieller Verantwortung am Kabinettstisch. Nach den ersten 100 Tagen im Amt zeigen sich teils deutliche Unterschiede.

INNENMINISTER ALEXANDER DOBRINDT

Der langjährige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat in seinem Amt etwas hingelegt, was man wohl einen Blitzstart nennen kann. Gezwungenermaßen: Die Migrationspolitik war eines der zentralen Wahlkampfthemen der Union, wenn nicht das wichtigste. Auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte versprochen, dass hier ein rascher Kurswechsel erfolgen würde, um die anhaltend hohen Asyl-Zahlen zu senken.

Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt kündigte der 55-Jährige an, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Schnell liefen schärfere Kontrollen an den deutschen Grenzen an – ungeachtet der Kritik aus Nachbarländern. Wenige Wochen später brachte Dobrindt weitere Verschärfungen im Migrationsbereich auf den Weg. Beispielsweise sollten bestimmte Flüchtlinge nicht mehr die Möglichkeit haben, enge Angehörige zu sich nach Deutschland zu holen. Den deutlichen Rückgang der Asyl-Zahlen im ersten Halbjahr reklamierte Dobrindt deshalb als Erfolg der neuen unionsgeführten Bundesregierung.

Auch abseits der Migrationspolitik gehört Dobrindt zu den sichtbaren Ministern: So verbot er den Verein „Königreich Deutschland„, eine der größten Gruppierungen sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter. Zudem reiste er nach Israel, um sich bei einem Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hinter die israelischen Angriffe auf iranische Atomanlagen zu stellen. Dobrindt ist – erwartungsgemäß – der auffälligste der drei CSU-Bundesminister. 

LANDWIRTSCHAFTSMINISTER ALOIS RAINER

Von CSU-Chef Markus Söder bekam Alois Rainer (60) zum Amtsantritt vorausgeschickt, nach dem grünen Minister Cem Özdemir komme jetzt „der schwarze Metzger“ – und damit gebe es „wieder Leberkäs statt Tofu-Tümelei“. Rainer machte indes rasch klar, dass er öffentlich für „Vielfalt auf unseren Tellern“ eintreten will. Aus seiner Sicht gehörten zu einer ausgewogenen Ernährung auch Fisch und Fleisch. Doch: „Kein Mensch braucht beim Thema Ernährung einen Kulturkampf.“ Genau genommen ist der CSU-Politiker inzwischen kein Metzger mehr – Ende Mai meldete er seinen Betrieb ab, den dazugehörigen Gasthof führt laut „foodwatch“ nun sein Sohn weiter.

Laute Auftritte auf der Hauptstadtbühne legte der Minister zunächst nicht hin – seine ersten 100 Tage verliefen eher geräuschlos. Eigentlich hatte Söder das Ministeramt Bayerns Bauernpräsidenten Günther Felßner versprochen. Nach Protesten gegen seine Person zog er sich aber zurück. Anfang August wurde es dann doch lauter: Rainer stellte das Amt der Bundestierschutzbeauftragten infrage und verlängerte den Vertrag mit Ariane Kari nicht. Özdemir hatte den Posten erst 2023 eingeführt. Es hagelte Kritik von Tierschützern.

Zunehmend versucht Rainer, seine Präsenz in Bayern zu erhöhen. Im Amt setzte er etwa Entlastungen für Landwirte bei Dokumentationspflichten beim Düngen um und verschob den Start des staatlichen Tierhaltungslogos für Fleisch im Supermarkt auf das nächste Jahr. Eine Nagelprobe wird sein, ob er frisches Geld aus dem Bundesetat für den Umbau von Ställen sichern kann. Mit einem Plädoyer für Mindestlohn-Ausnahmen für Saisonkräfte kam Rainer nicht durch. Eine interne Prüfung ergab, dass es rechtlich nicht geht.

WISSENSCHAFTSMINISTERIN DOROTHEE BÄR

In der vergangenen Woche hatte Dorothee Bär definitiv Grund zur Freude: Das Kabinett beschloss pünktlich zur Sommerpause die von ihr vorgelegte „Hightech-Agenda“ zur Neuausrichtung der Forschungs- und Technologiepolitik. Damit hat die 47-Jährige auf ihrer To-do-Liste für die laufende Legislatur bereits einen ersten großen Punkt abgehakt.

Die CSU will sich damit auf Bundesebene – wie seit Jahren in Bayern – als Innovationsmotor präsentieren. Am Rande einer Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Japan nutzte Bär die Chance, auch international darauf aufmerksam zu machen. 

Für ihr neues Amt hat sich Bär viel vorgenommen: So will sie etwa trotz knapper Kassen und schlechter Wirtschaftslage mehr Geld für die Raumfahrt mobilisieren. Auch hat sie neue Gesetze zur Nutzung von privaten und öffentlichen Daten für die Forschung sowie zu den umstrittenen befristeten Arbeitsverträgen an Universitäten angekündigt.

Doch Bär ist in den ersten Monaten als Ministerin auch schon anderweitig aufgefallen – so zog sie sich etwa mit ihren Äußerungen zur geplatzten Verfassungsrichterwahl den Zorn von Koalitionspartners SPD zu. Die Rede war von einer Hetzkampagne und die Aussagen Bärs zu einem Verzicht von Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf seien „beschämend“.

KULTURSTAATSMINISTER WOLFRAM WEIMER

Die Berufung des früheren Journalisten und Verlegers Wolfram Weimer ins Bundeskabinett war definitiv eine der größten Überraschungen bei der Regierungsbildung. Und der 60-Jährige hat ungeachtet des anfänglichen Protests aus der Kulturszene gegen seine Person eine hohe Taktfrequenz und ein breites Themenspektrum an den Tag gelegt. Dabei positionierte sich Weimer etwa klar als Bekämpfer des Antisemitismus und als Gegner von Gendersternchen.

Auch der fast 100 Jahre andauernde Vermögensstreit mit dem Haus Hohenzollern um historisch wertvolle Kunstgegenstände konnte beigelegt werden – auch wenn hier die Verhandlungen schon lange vor Weimers Amtsantritt begonnen hatten.

Auseinandersetzungen mit internationalen Großkonzernen ist Weimer in den ersten 100 Tagen ebenfalls nicht aus dem Weg gegangen: Schon im Mai kündigte er Pläne für eine Digitalabgabe an, die Tech-Giganten wie die US-Unternehmen Google und Meta treffen würden. Inwiefern er sich damit aber auch in der Koalition durchsetzen kann, ist offen. Der Ankündigung folgten bisher keine weiteren Taten. Mit Streaminganbietern wie Netflix und Co sprach er zudem über Investitionen in den Produktionsstandort Deutschland.