Ein ehemaliger Mitarbeiter der Stadt Kassel soll Führerscheine an Menschen verkauft haben, obwohl sie keine Prüfung abgelegt hatten. Das Verfahren gegen einen mutmaßlichen Komplizen beginnt jetzt.
Vor dem Landgericht Kassel wird ein Führerscheinbetrug im großen Stil juristisch aufgearbeitet. Ab Montag (9.30 Uhr) muss sich dort ein 35-Jähriger unter anderem wegen besonders schwerer Bestechung in 47 Fällen und Anstiftung zur Falschbeurkundung in 44 Fällen verantworten.
Die insgesamt 92 Taten, die ihm vorgeworfen werden, stehen laut der Staatsanwaltschaft Kassel im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter der Fahrerlaubnisstelle der Stadt Kassel. Der heute 26-Jährige soll für mindestens 112 Menschen gegen Geldzahlungen Führerscheine ausgegeben haben, obwohl diese keine Führerscheinprüfung abgelegt hatten.
Das Verfahren gegen den Mann wird gesondert geführt und laut Staatsanwaltschaft voraussichtlich am 20. August starten. Ihm werden Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall sowie Falschbeurkundung im Amt zur Last gelegt.
Bande baute Vertriebsnetz auf
Es bestehe der Verdacht, dass er weitere Menschen in sein illegales Geschäftsmodell integriert habe mit dem Ziel, die Abläufe gewinnbringend zu organisieren und eine Art Vertriebsnetz aufzubauen, so die Ermittler. Eine dieser Personen soll demnach der 35 Jahre alte Angeklagte sein. Er werde verdächtigt, innerhalb der Bande von Mai 2018 bis Dezember 2021 einen Teil der Vertriebsorganisation aktiv betrieben zu haben.
So soll er unter anderem zahlungsbereite Menschen akquiriert und zum Ausstellen des Führerscheins erforderliche Unterlagen der Kunden weitergeleitet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, ein Vertriebsnetz insbesondere über Shishabars, Restaurants und Friseurläden als Anlaufstellen aufgebaut zu haben.
Angeklagter soll rund 160.000 Euro eingenommen haben
Pro Führerschein soll die Bande zwischen 2.000 und 7.500 Euro eingenommen haben. Die Courtage für die eingesetzten Vermittler sei unterschiedlich ausgefallen, dürfte aber in der Regel nicht unter 400 Euro pro vermitteltem Führerschein gelegen haben, so die Ermittlungsbehörde. Der Angeklagte soll so etwa 161.000 Euro erlangt haben.
Die Wohnung des 35-Jährigen wurde den Angaben zufolge im Dezember 2021 durchsucht. Auf dem Polizeipräsidium soll er anschließend Gespräche der Polizeibeamten per Diktiergerät unbemerkt aufgenommen haben. Ihm wird deshalb auch die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes vorgeworfen.