Der chinesische Ecommerce-Riese JD.com ist an einer Übernahme von Ceconomy interessiert, der Muttergesellschaft der Elektronikkette Mediamarkt Saturn. Für die Asiaten wären es ein wichtiger Schritt in ihrer globalen Expansion.
Es wäre ein Paukenschlag für den Einzelhandel. Der chinesische Ecommerce-Konzern JD.com erwägt ein Übernahmeangebot für Ceconomy, die Muttergesellschaft der Elektronikkette Mediamarkt Saturn. Ceconomy, dessen früherer Chef Karsten Wildberger inzwischen als Digitalminister im Bundeskabinett sitzt, bestätigte entsprechende Verhandlungen. Ein mögliches Angebot von 4,60 Euro je Stammaktie liegt auf dem Tisch, eine Nachricht, die den Kurs von Ceconomy um mehr als zwölf Prozent nach oben schnellen ließ.
Bindende Abmachungen gibt es noch keine. Entscheidend ist nicht nur die Haltung der Ceconomy-Mitgründerfamilie Kellerhals, die einen Anteil von 29,2 Prozent hält. Auch die Meridian-Stiftung mit gut elf Prozent, der Familienkonzern Haniel (16,7 Prozent) sowie Freenet (6,7 Prozent) spielen eine Rolle.
Konkurrent von Alibaba
Sollte es zu einem Deal kommen, fielen zwei Ankermieter der deutschen und europäischen Fußgängerzonen mit einem Schlag in chinesische Hand. Zugleich hätten chinesische Elektronikproduzenten, die ohnehin einen Großteil der Produkte in den europäischen Märkten herstellen, einen direkteren Zugang zum Endkunden.
Doch was will JD.com mit den deutschen Elektronikmärkten? In gewisser Hinsicht würde der chinesische Handelsriese zu seinen Wurzeln zurückkehren: JD hatte Ende der 90er-Jahre unter dem Namen Jingdong als Betreiber stationärer Geschäfte für Elektronikprodukte in Peking begonnen. Anders als Konkurrenten wie Alibaba ist das Unternehmen nicht nur ein Online-Marktplatz, sondern baute ein eigenes Netzwerk von Logistikzentren auf.
Es war die Pandemie, die, so beschrieb es der Gründer Liu Qiangdong einst im Interview mit Capital, einen Strategiewechsel bewirkte und die aus dem Unternehmen vorrangig einen Onlineriesen machte. Es folgten rasant wachsende Verkäufen mit einem Umsatz von 154 Milliarden Euro im Jahr 2024. „Ein Virus führte also dazu, dass ich meine Pläne änderte“, sagte der Gründer, der sich auch Richard Liu nennen lässt, damals.
Interesse an britischem Einzelhändler
JD.com aber will schon seit langem seine Abhängigkeit vom chinesischen Markt reduzieren und plant daher eine Expansion nach Europa. Gerüchte über eine Übernahme von Ceconomy gab es schon seit Jahren. Zudem plante der Konzern bis 2024 den Einstieg beim britischen Elektronikhändler Currys – doch das Geschäft kam letztlich nie zustande.
Um auf den europäischen Märkten Fuß zu fassen, braucht das Unternehmen ein Filialnetz, wie es Ceconomy mit seinen gut 1000 Märkten in mehreren europäischen Ländern bieten kann. Nach Ansicht von Analysten bekäme der Ecommerce-Konzern mit einem Schlag Zugriff auf ein ausgedehntes europäisches Logistiknetz und zwei etablierte Handelsmarken mit Millionen von Kunden. Zudem hat Ceconomy in den vergangenen Jahren auch sein eigenes Online-Geschäft ausgebaut, eine Strategie, auf die JD.com nun aufsetzen könnte.
Lange Durststrecke für Ceconomy
Ceconomy schrieb nach einer langen Durststrecke mit Verlusten im Jahr 2024 wieder schwarze Zahlen und erzielte einen Umsatz von 22,4 Mrd. Euro. Für das Bilanzjahr 2024/25 erwartet das Unternehmen einen bereinigten Gewinn von 375 Mio. Euro. Im Vergleich zu JD.com verblassen diese Zahlen, ein Zeichen für die Größenordnungen, in denen die Chinesen unterwegs sind.
Vor seinem Wechsel ins Bundeskabinett trieb Ex-Ceconomy-Chef Wildberger eine Omnichannel-Strategie voran und ließ die Elektronikmärkte modernisieren. Angesichts damals bereits kursierender Übernahmegerüchte wies Wildberger im Capital-Gespräch auf die Sanierung des Unternehmens hin. „Mich überrascht nicht, dass ein Unternehmen, das seit geraumer Zeit abliefert und eine klare Strategie verfolgt, gesehen wird, und Aufmerksamkeit erzeugt“, so Wildberger im Capital-Podcast „Die Stunde Null“. „Das ist ein Nebeneffekt einer erfolgreichen Transformation.“