Staatsgemäldesammlungen: Missstände in Bayerns Museen: Zwischenbericht veröffentlicht

Seit Februar rumort es an Bayerns Staatsgemäldesammlungen. Der Generaldirektor musste gehen. Und der Kunstminister prangerte Missstände und Probleme an. Details nannte er nicht – bis jetzt.

In den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hat es in den vergangenen Jahren Beschwerden von Besuchern über mögliches Fehlverhalten von Aufsichtspersonal gegeben – darunter auch Vorwürfe verbaler sexueller Belästigung. Das geht aus einem Zwischenbericht von Kunstminister Markus Blume (CSU) zu internen Untersuchungen hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Weitere Vorwürfe drehen sich etwa um eine mögliche Gefährdung von Kunstwerken oder eine Überwachung von Beschäftigten. 

Das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen: „Straf- oder disziplinarrechtlich relevante Verfehlungen können bislang nicht festgestellt werden“, heißt es in dem 18-seitigen Schreiben an den bayerischen Landtag. Bei der Staatsanwaltschaft München I seien derzeit keine Ermittlungsverfahren gegen aktuelle oder ehemalige Beschäftigte anhängig. Auch die Landesanwaltschaft sehe bislang keine Veranlassung, Disziplinarverfahren einzuleiten. Zu den Staatsgemäldesammlungen gehören Museen in ganz Bayern, darunter die berühmten Pinakotheken in München. 

„Innerorganisatorische Defizite“

Blume sieht aber Reformbedarf und spricht von „innerorganisatorischen Defiziten“, denen mit einem umfassenden Maßnahmenpaket begegnet werde wie internen und externen Untersuchungen oder einer Reformkommission. 

Die Missstände waren Mitte Februar durch Presseberichte bekanntgeworden. Dabei ging es zunächst vor allem um den Umgang der Sammlung mit möglicher NS-Raubkunst, also Werken, die jüdischen Eigentümern im Nationalsozialismus weggenommen oder unter Zwang abgepresst wurden. Die Prüfung solcher Verdachtsfälle wurde als intransparent und schleppend kritisiert, sogar von Vertuschung war die Rede.

Blume kündigte daraufhin an, man werde alles tun, um das Vertrauen wiederherzustellen und setzte zahlreiche Änderungen in Gang. Anfang April musste der langjährige Generaldirektor Bernhard Maaz gehen, Interimschef wurde der Jurist Anton Biebl. Blume wies damals auf ein „ganzes Konvolut“ an Problemen hin, äußerte sich aber nicht näher. 

Belästigung und unangemessenes Verhalten

Der Zwischenbericht listet nun Details auf, auch zu den Aufsichtspersonen, denen unangemessenes Verhalten und verbale Belästigung vorgeworfen wurden. Sie arbeiteten demnach für externe Sicherheitsdienste und wurden nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr in den Staatsgemäldesammlungen eingesetzt. 2021 habe man zudem zusätzliche Stellen geschaffen und mehr eigenes Personal eingesetzt. Die Zahl der Beschwerden habe sich verringert. 

Auch als rassistisch, bedrängend oder distanzlos empfundene Verhaltensweisen seien gemeldet worden. Strafanzeigen der Betroffenen, darunter auch Minderjährige, seien nicht bekannt.

Ein weiterer Vorwurf: Kunstwerke sollen unsachgemäß gelagert oder behandelt und so Risiken wie Schäden oder gar Diebstahl ausgesetzt worden sein. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung ergaben die Untersuchungen aber Blume zufolge nicht. Soweit feststellbar, seien keine Kunstwerke aus Depots oder Ausstellungsräumen verloren gegangen oder beschädigt worden.

Vertrauen durch Transparenz

Der Minister verordnete daraufhin einen Neuanfang. Man wolle Vertrauen zurückgewinnen und transparent arbeiten. Bei der NS-Raubkunst nennt er auch Zahlen. Seit Februar hätten die Staatsgemäldesammlungen mehr als 200 Werke in die Datenbank Lost Art eingestellt, in der ehemalige Eigentümer und deren Erben nach geraubten Kunstobjekten suchen können, damit sie diese zurückfordern können.

Wie die Staatsgemäldesammlungen mit möglicher Raubkunst umgegangen sind, ermittelt gerade eine externe Untersuchung zur Provenienzrecherche. Noch im Sommer sollen Ergebnisse kommen, wie Blume schreibt. Ferner ist ein Runder Tisch geplant, an dem auch jüdische Verbände sitzen sollen. Und eine Reformkommission soll Vorschläge für eine neue Organisation und Strukturen entwickeln, bei allen staatlichen Museen in Bayern. 

Mit diesen Maßnahmen wolle man alle Sachverhalte umfassend aufklären und Lehren aus bisherigen organisatorischen Defiziten ziehen, formuliert Blume in seinem Zwischenbericht. Der Freistaat bekenne sich uneingeschränkt zur Verantwortung im Hinblick auf die Wiedergutmachung von NS-Unrecht.