Bürokratieabbau in der Kritik: Landtag winkt umstrittenes Modernisierungsgesetz durch

Schneekanonen, Skipisten und Seilbahnen: Ihre möglichen Nachteile für die Umwelt sollen im Sinne des Bürokratieabbaus ab August seltener geprüft werden. Das Gesetz dahinter ist ein großer Streitfall.

Nur fünf Monate nach Kabinettsbeschluss hat der Bayerische Landtag das umstrittene dritte Modernisierungsgesetz beschlossen. Der Abstimmung war eine teils hitzige Debatte vorausgegangen. Für das Gesetz stimmten am Ende die Regierungsparteien CSU und Freie Wähler sowie die AfD, dagegen stimmten SPD und Grüne. Am ersten August dieses Jahres soll das Gesetz damit in Kraft treten.

Regierung: Gesetz soll Entbürokratisierung voranbringen

Hinter dem Gesetz steht das Ziel, die Entbürokratisierung in Bayern voranzubringen. Unter anderem sind deshalb Änderungen bei den Vorgaben für Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgesehen. So sollen etwa die Grenzwerte für die verpflichtenden Prüfungen bei Beschneiungsanlagen, Skipisten und Seilbahnen sowie die Inanspruchnahme von Biotopen deutlich erhöht werden. In der Folge dürfte es deutlich seltener Begutachtungen darüber geben, welche Folgen bauliche Eingriffe in Natur und Umwelt haben.

„Unsere Methodik lautet, nicht nur reden, nicht nur über Berlin reden, über Brüssel sprechen, sondern anpacken“, sagte Staatsminister Florian Herrmann (CSU). Die Debatte über das Gesetz habe die Fronten im Landtag noch einmal verdeutlicht. Den Grünen warf er vor, nicht gegen Bürokratie zu sein, sondern sie zu lieben. Florian von Brunn (SPD) warf der Regierung vor, die Kritik in einer Art und Weise vom Tisch zu wischen, die man rechtspopulistisch nennen könne.

Bündnis befürchtet massiven Angriff auf Umweltstandards

Die Landtagsfraktionen der Grünen und der SPD hatten zunächst beantragt, die Abstimmung zu vertagen. Neben der Frage der Sinnhaftigkeit gebe es inzwischen erhebliche juristische Zweifel, begründeten sie den Antrag. Das Gesetz verstoße mit großer Wahrscheinlichkeit gegen EU- und Verfassungsrecht, sagte von Brunn. CSU und Freie Wähler wiesen den Änderungsantrag aber ab. Es gebe keinerlei Anlass, die Debatte zu verschieben, sagte Alexander Fierl (CSU).

Auch außerhalb des Parlaments hatte es zuvor viel Kritik am Gesetz gegeben – etwa von Umweltverbänden. Der Vorwurf: Die Staatsregierung starte damit unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus einen massiven Angriff auf Umweltstandards, insbesondere in der Bergwelt Bayerns. Am Dienstag hatten etwa 250 Menschen auf dem Münchner Marienplatz protestiert. 

Bayerns Seilbahnen kämpfen mit schneearmen Wintern 

Der Skibetrieb in Bayern ist auch mit Schneekanonen in den vergangenen Jahren zunehmend schwierig geworden. Etliche kleinere Seilbahnen haben in den vergangenen 20 Jahren den Betrieb entweder komplett eingestellt oder zumindest den Skibetrieb aufgegeben. So gab es 2005 noch 899 Seilbahnen in Bayern, 2023 waren es noch 665. 

Für überregionale Aufmerksamkeit sorgte die Jennerbahn in Berchtesgaden, deren Betreiber das Skigebiet zuerst mit Millionenförderung des Freistaats modernisiert hatten – und im vergangenen Jahr den Skibetrieb mit präparierten Pisten einstellten. Die Gründe: hohe Kosten und fehlende Skifahrer.