Für Pflegebedürftige werden die finanziellen Belastungen immer höher. NRW bleibt bei den Kosten in der Spitzengruppe.
In keinem anderen deutschen Flächenland ist der Eigenanteil für Pflegeheimbewohner teurer als in Nordrhein-Westfalen. Mit Stand vom 1. Juli waren hier demnach im ersten Aufenthaltsjahr durchschnittlich 3.427 Euro monatlich zu überweisen. Das geht aus einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach stiegen die Kosten in NRW im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 227 Euro.
Während NRW vor einem Jahr absoluter Kostenspitzenreiter unter den 16 Bundesländern war, wird die Summe in diesem Jahr mit durchschnittlich 3.449 Euro im Monat nur vom Stadtstaat Bremen getoppt. Auch im bundesweiten Schnitt überschritten Zahlungen aus eigener Tasche im ersten Aufenthaltsjahr die 3.000-Euro-Marke: Durchschnittlich waren laut vdek 3.108 Euro zu zahlen und damit 237 Euro mehr als vor einem Jahr.
In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Bewohnerinnen und Bewohner im Heim kommen noch Zahlungen für Unterkunft und Verpflegung, Investitionen in den Einrichtungen und Ausbildungskosten hinzu.
Erhebliche Unterschiede in den Ländern
Regional gibt es weiter große Unterschiede. Bundesweit am niedrigsten war die monatliche Belastung im ersten Jahr im Heim in Sachsen-Anhalt mit 2.595 Euro und Mecklenburg-Vorpommern mit 2.752 Euro.
Bei den selbst zu zahlenden Summen kommt es auf die Aufenthaltsdauer an, weil sich danach Entlastungszuschläge richten, die Pflegebedürftige neben den Leistungen der Pflegekassen bekommen. Der Eigenanteil für die reine Pflege wird damit im ersten Jahr im Heim um 15 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 Prozent, im dritten um 50 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 Prozent.
Mit dem höchsten Zuschlag ab dem vierten Heimjahr stieg die Zuzahlung aus eigener Tasche im bundesweiten Schnitt auf 1.991 Euro im Monat – das waren 126 Euro mehr als zum 1. Juli 2023. In NRW lag der Eigenanteil in dieser Kostengruppe jetzt bei 2.358 Euro und damit um 132 Euro höher.
Ausgewertet wurden nach Angaben des vdek Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit Heimen in allen Bundesländern. Zum Verband gehören etwa die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die DAK-Gesundheit.
Ersatzkassen fordern staatliche Entlastung
Der vdek forderte Bund und Land auf, zügig für Entlastungen zu sorgen. Die Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag ein breites Reformversprechen abgegeben und betont, dass kurzfristig mehr Unterstützung aus dem Bundeshaushalt nötig sei, um Beitragserhöhungen für 2026 möglichst zu vermeiden, mahnte der Verband. Dennoch sei zum Jahresende voraussichtlich wieder ein Minus für die Pflegeversicherung zu erwarten.
„Versicherungsfremde Leistungen müssen endlich vom Staat finanziert werden“, forderte der Leiter der vdek-Landesvertretung NRW, Dirk Ruiss. Allein dadurch könnten jährliche Einsparungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro erzielt werden.
Auch das Land NRW sollte zu einer Entlastung betragen. So würde eine Investitionskostenübernahme durch das Land – wie gesetzlich vorgesehen – Heimbewohner um 636 Euro monatlich entlasten, rechnete Ruiss vor.
Opposition: Pflegebedürftigkeit darf nicht arm machen
Die SPD-Opposition nannte Pflegebedürftigkeit „eines der größten Vereinsamungs- und Armutsrisiken in NRW“. Auch sie forderte von der schwarz-grünen Landesregierung eine deutliche Erhöhung der Investitionsförderung. „Wir stehen vor einer der größten sozialen Aufgaben unserer Zeit“, mahnte der pflegepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Thorsten Klute.