Kritik an Forderung nach veränderter Richterwahl für Bundesverfassungsgericht

Am Vorschlag einer Änderung der Richterwahl am Bundesverfassungsgericht im Zuge der gescheiterten Wahl der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf gibt es heftige Kritik. „Die Zweidrittelmehrheit ist der Erfolgsgarant für die ausgewogene Rechtsprechung des Gerichts“, sagte der Staatsrechtler Alexander Thiele der „Rheinischen Post“. Sie führe dazu, dass „man genau diese schwierigen Prozesse durchleben muss, indem man sich mit der Opposition einigt“.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) hatte zuvor der „Rheinischen Post“ gesagt, es müsse darüber nachgedacht werden, „ob eine Richterwahl weiter mit Zweidrittel-Mehrheiten erfolgen sollte“. Er plädiere für einfache Mehrheiten. „Wir haben zu viele Extremisten im Bundestag. Und die sollten möglichst wenig Einfluss haben.“ Auch aus der CSU kamen Forderungen, Richterinnen und Richter künftig mit einfacher Mehrheit wählen zu können.

Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek bezeichnete Weimers Argumentation als „völlig absurd“. Die Verfassungsrichterwahl sei nicht an Extremisten im Bundestag gescheitert, „sondern einzig und allein an der Union“. Sie dürfe die Schuld nicht bei anderen suchen, sondern es handle sich „um nichts anderes als offenkundiges Führungsversagen der Fraktionsspitze“ der Union, fuhr Reichinnek fort. Breite Mehrheiten für alle Kandidatinnen und Kandidaten wären möglich gewesen.

Weimers Vorstoß einer Änderung der Richterwahl sei auch „kreuzgefährlich“, erklärte die Linken-Fraktionschefin. „Breite Mehrheiten für Verfassungsrichter:innen sollen eine stärkere Unabhängigkeit von Parteien garantieren.“ Diese Hürde abzusenken würde zu einer „extremen Politisierung des Gerichts führen“, was ein Schaden für die Demokratie bedeute.

Die Juristin Brosius-Gersdorf hatte ebenso wie zwei weitere Kandidaten vergangene Woche im Wahlausschuss des Parlaments eine Mehrheit bekommen. In der Union gab es aber dann Vorbehalte gegen die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin Brosius-Gersdorf. Schließlich wurde die für Freitag vergangener Woche geplante Wahl abgesetzt.

Der Staatsrechtler Thiele sagte dazu der „Rheinischen Post„, die Union werde aus seiner Sicht ihr Verhältnis zur Linkspartei überdenken müssen. „CDU und CSU werden unabhängig von dieser Wahl mittel- bis langfristig über ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken nachdenken müssen – ob sie das wollen oder nicht“, sagte er. „Denn man wird die Mehrheitsverhältnisse nicht so drehen können, dass Union und SPD ständig alleine entscheiden können.“