Politische Kriminalität: Brief an Innenminister wegen Angriffen auf Kommunalpolitiker

Das Jahr 2024 war ein Superwahljahr, die Stimmung war teils gereizt. Nun melden sich zwei Kommunalpolitiker zu Wort, die empört sind über Angriffe auf Mandatsträger. Sie kritisieren den Innenminister.

Grünen-Kommunalpolitiker beschweren sich in einem Brief an Innenminister Georg Maier (SPD) über Hass, Hetze und Anschläge gegen kommunale Mandatsträger. „Bereits seit Jahren nehmen wir wahr, wie unterschiedliche Meinungen und Positionen in abgrundtiefen Hass umschlagen und unser Rechtsstaat systemisch immer weiter versagt“, schreiben Matthias Kaiser, der für die Grünen im Kreistag Gotha sitzt, und Felix Kalbe, Mitglied des Stadtrats von Gotha, in einem Brief an Maier, den sie auch an Medien verschickten.

Anfeindungen gegen Wahlkämpfer

In den Wahlkämpfen vergangenes Jahr habe es Anfeindungen gegeben, teils seien Wahlkämpfer bespuckt oder auch beleidigt worden, steht in dem Brief an Maier. „Sämtliche polizeiliche Anzeigen verliefen ins Leere. Die Mitteilungen über die Einstellung der Ermittlungen stapeln sich“, schreiben die beiden Grünen-Politiker. In diesem Jahr sei es auch zu einem körperlichen Angriff gegen ein ehemaliges Stadtrats- und Kreistagsmitglied gekommen. 

Vorwürfe gegen Innenminister

Dabei machen Kaiser und Kalbe dem SPD-Politiker Maier, der seit 2017 Innenminister ist, Vorwürfe: „In diesen acht Jahren Ihres Wirkens hat sich die Situation in Thüringen nicht verbessert – im Gegenteil. Ihr Präventionssystem versagt auf ganzer Linie“, steht in dem Brief. Sie fordern Maier auf, mehr für Prävention zu tun. „Schützen Sie politisch und gesellschaftlich aktive Menschen in Thüringen und werden Sie Ihrer Verantwortung als Minister für Kommunales und Chef der Thüringer Polizei gerecht.“ Andernfalls soll Maier den Weg frei für Politikerinnen oder Politiker machen, die diesen Aufgaben gerecht werden könnten.

Das Thüringer Innenministerium teilte mit, es nehme den Brief sehr ernst. „Das Innenministerium wird gemeinsam mit der Polizei prüfen, ob in den konkreten von Ihnen geschilderten Fällen zusätzliche Präventionsmaßnahmen angezeigt sind“, hieß es in einer Mitteilung.

Innenministerium verweist auf frühere Grünen-Minister

Demnach wird seit Jahren auf den „besorgniserregenden Anstieg der politisch motivierten Kriminalität (PMK) gegen Amts- und Mandatsträger sowie gegen Wahlkreisbüros“ hingewiesen. Es seien bereits Sicherheitsgipfel durchgeführt worden – gemeinsam mit dem Justizministerium, den kommunalen Spitzenverbänden und Akteuren der Zivilgesellschaft, hieß es. Zudem gebe es Handreichungen, Info-Flyer, Sicherheitsgespräche und regelmäßige Lagebilder. 

Das Ministerium wies auch darauf hin, dass das für Justiz zuständige Ministerium viele Jahre von Grünen-Politikern geführt wurde. Unabhängig davon sei die gesamte Gesellschaft gefragt, „aktiv für Respekt, Anstand und demokratische Werte einzustehen“. 

Die SPD-Innenpolitikerin Dorothea Marx zeigte sich angesichts der Übergriffe auf Kommunalpolitiker empört. „Wer sich ehrenamtlich für unsere Demokratie einsetzt, muss sicher sein können. Das ist ein demokratisches Mindestversprechen“, erklärte Marx in einer Mitteilung. Sie wies aber Schuldzuweisungen gegen ihren Parteikollegen Maier zurück. „Niemand kann ernsthaft glauben, dass es mit einem anderen Minister keine Hasskriminalität mehr gäbe.“ Der Kampf gegen politische Gewalt sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.