morgen|stern: Trump hilft Tropen-Trump. Die Lage am Morgen

Donald Trump springt Jair Bolsonaro mit Zöllen bei, eine umstrittene Straßenumbenennung und eine KI, die Burn-out erkennt. Das ist heute wichtig.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! 

Sie sind rechte Populisten im Geiste: US-Präsident Donald Trump und der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Sie inszenieren sich beide als Außenseiter, die es mit dem bösen Establishment aufnehmen. Beide wurden einmal abgewählt, haben ein angespanntes Verhältnis zu kritischen Medien, halten wenig vom Umweltschutz und neigen zu einem autoritären Führungsstil. Kein Wunder, dass der Brasilianer, der von 2019 bis 2022 im Amt war, schnell den Spitznamen „Tropen-Trump“ verpasst bekam. Ob das als Kompliment oder Beleidigung gemeint ist, liegt im Auge des Betrachters. 

Donald Trump will Jair Bolsonaro mit seinem Zoll-Hammer helfen

Da ist es wenig überraschend, dass Trump seinem südamerikanischen Pendant ganz schnell zur Seite springt. Bolsonaro, der wegen des Vorwurfs des Versuchs eines Staatsstreichs vor Gericht steht, sei Opfer einer „Hexenjagd“, die „SOFORT!“ enden müsse, wie der Republikaner bereits am Montag schrieb.

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, holt der US-Präsident sein neues Lieblingsspielzeug heraus: Zölle.

In einem Brief an den linksgerichteten brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva kündigte er an, das Land ab dem 1. August mit Zöllen von 50 Prozent zu belegen. Begründung? Weil die örtliche Justiz gegen seinen Kumpanen vorgeht, weil es eine angebliche „Zensur“ von US-Onlineplattformen in dem Land gebe und sowieso, weil Brasilien ja überhaupt nicht gut zu den USA gewesen sei.

Dass Trump sich so für den brasilianischen Rechtsaußen einsetzt, könnte auch einen anderen Grund haben: Am 1. Januar 2023 hatten Bolsonaro-Anhänger den Kongress, den Amtssitz des Präsidenten sowie das Oberste Gericht in der Hauptstadt Brasilia gestürmt und dabei schwere Verwüstungen angerichtet. Ähnliches hatte sich gut ein Jahr zuvor in Washington D.C. abgespielt, als Trumpisten und Maga-Anhänger, vom Wahlverlierer Trump angestachelt, über den US-Kongress herfielen. Der Republikaner kam am Ende ungeschoren davon – vielleicht will er dasselbe für den „Tropen-Trump“. Der plant nämlich sein Comeback bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Allerdings hat Bolsonaro politisches Hausverbot, da er aufgrund einer Verurteilung in einem anderen Verfahren bis 2030 gesperrt ist. Sollte er im Putsch-Prozess verurteilt werden, drohen ihm bis zu 40 Jahre Haft.

Ob ihm da Trumps Zoll-Hammer aus der Patsche helfen? Präsident Lula will es sich jedenfalls nicht gefallen lassen – und droht Gegenmaßnahmen an. Der Ausgang bleibt offen.

Was lief falsch in der Corona-Pandemie, Herr Lauterbach?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leserinnen und Leser, aber für mich ist die Corona-Pandemie gefühlt schon ewig her. Dabei sind es nur wenige Jahre. Und Corona ist auch nicht verschwunden. Gelegentlich erinnern uns Fahrgäste mit FFP2-Masken in Bus und Bahn daran. Hier in Japan trifft man häufiger auf maskierte Mitmenschen. Aber schon lange vor Corona war das Tragen von Mundschutz unter den Japanern en vogue und ist es noch immer– aus Rücksicht auf andere, wenn man verschnupft ist. 

Doch die Maskenpflicht war für viele Menschen während der Corona-Pandemie ein Reizthema, auch in Deutschland. Weitere Maßnahmen, angeordnet von Bund und Ländern, sorgten für republikweiten Unmut und Demos. Heute will der Bundestag eine sogenannte Enquete-Kommission einsetzen. Sie soll klären, was damals politisch falsch lief – und welche Lehren sich für künftige Notlagen ziehen lassen. Ein Mann, der in der Corona-Zeit im Rampenlicht stand, war Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPDler spricht in unserem Podcast „5-Minuten-Talk“ mit stern-Politikchef Veit Medick über Sinn und Zweck des Gremiums – und erklärt, was die Politik aus seiner Sicht damals im Handling der Pandemie falsch machte: 

No mo(h)re Mohrenstraße

Wir alle haben sie schon einmal geführt, die Diskussion um Begriffe und Wörter, die „damals“ ja noch völlig in Ordnung waren und die man heute „ja nicht mehr sagen darf!“. Das N-Wort oder das Z-Wort sind Beispiele dafür. Dass solcher Bezeichnungen Menschen tatsächlich verletzen und diskriminierend sind, ist glücklicherweise in den Köpfen der meisten angekommen.

Doch die Entfernung solcher Begriffe aus dem öffentlichen Raum bleibt oft ein zäher Prozess. In Berlin endete nun ein Streit um einen Straßennamen: Die umstrittene Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin durch den Bezirk Mitte kann stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte eine entsprechende Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts. Das Urteil ist damit rechtskräftig. 

Anwohner hatten gegen die Umbenennung geklagt. Sie argumentierten, die Namensgebung für die Straße vor 300 Jahren sei nicht rassistisch, sondern wertschätzend gemeint. Viele historische Straßennamen hätten mehrere Facetten, seien aber Teil der Stadtgeschichte und man müsse sie erklären.

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen jedoch ab. Allerdings war die Entscheidung zunächst nicht rechtskräftig. Ein Anwohner beantrage Berufung vor dem OVG – erfolglos.

Dem von den Grünen geführte Berliner Bezirk Mitte war die „Mohrenstraße“ schon länger ein Dorn im Auge. Der Begriff „Mohr“ sei diskriminierend und rassistisch und schade dem Ansehen Berlins. Der ausgewählte neue Name lautet Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Amo, um 1703 im heutigen Ghana geboren, wurde als Kind nach Deutschland verschleppt. Er war der erste bekannte Philosoph und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft in Deutschland. Eine Straße nach ihm zu benennen, ehrt ihn sicherlich weit mehr als ein Begriff aus der Vergangenheit, der längst überholt ist.

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Mal was Positives

Wird der Druck am Arbeitsplatz zu stark, kann das die mentale Gesundheit beeinträchtigen. Und immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland beklagen sich über Stress. Termindruck, lange To-do-Listen, Versagensängste, Unsicherheiten und negative Kollegen können psychisch krank machen und im Burn-out enden. Ein Start-up im schweizerischen Lausanne hat nun eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die dem vorbeugen soll. Wie der Schweizer Rundfunk SRF berichtet, soll die KI anhand von Stimmenanalysen aufzeigen, ob jemand dem Risiko einer psychischen Erkrankung oder eines Burn-outs ausgesetzt ist. Dazu werden etwa der Redefluss, das Sprechtempo und die Tonalität analysiert. Die Trefferquote der Software liege bei über 90 Prozent. Und nicht nur das: Sie könne auch andere Krankheiten wie Parkinson sehr zuverlässig erkennen. Selbstverständlich ist die KI kein Ersatz für eine professionelle Therapie. Sie soll bei der Früherkennung helfen, damit Betroffene frühzeitig Unterstützung bekommen. Das kann insbesondere bei psychischen Leiden wie Depressionen auch Leben retten.

Wie hat er Ihnen dieser morgen|stern gefallen? Schreiben Sie es mir gerne: [email protected]

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Donnerstag! Herzlich, Ihr

Rune Weichert