Die deutsche Bevölkerung altert dramatisch – und das hat Folgen für die Sozialabgaben: Der Wirtschaftsweise Martin Werding sieht einen baldigen Kosten-Anstieg auf 50 Prozent.
Der Wirtschaftsweise Martin Werding rechnet damit, dass die Sozialabgaben in Deutschland auf 50 Prozent des Bruttoeinkommens steigen. „Die Frage ist nicht, ob die Beitragssätze irgendwann 50 Prozent erreichen, sondern wann das geschieht“, sagte Werding der „Rheinischen Post“. „Die aktuelle Entwicklung ist atemberaubend. Wegen der fortschreitenden demografischen Alterung hält der Aufwärtstrend ohne Reformen in den 2030er Jahren unverändert an“, betonte Werding.
Die nächste Beitragserhöhung erwartet der Ökonom bereits im kommenden Jahr: „Zum Jahresanfang haben die Krankenversicherungsbeiträge im Durchschnitt die 17-Prozent-Marke geknackt. Seither haben mehrere Kassen ihre Zusatzbeiträge schon wieder angehoben, aktuell dürfte der Durchschnitt bei 17,5 Prozent liegen“, sagte Werding der Zeitung.
Rentenbeträge werden sprunghaft auf 20 Prozent ansteigen
„Die Summe aller Sozialbeiträge dürfte sich im laufenden Jahr von 42 Prozent auf 43 Prozent erhöhen, denn auch in der Pflegeversicherung ist zum Jahreswechsel mit einer neuerlichen Anhebung zu rechnen“, fügte der Wirtschaftsweise hinzu.
Später sei auch die Rentenkasse betroffen: „2027 oder spätestens 2028 steigen auch die Rentenbeiträge, die jetzt lange Zeit bei 18,6 Prozent konstant geblieben sind, sprunghaft auf annähernd 20 Prozent. Damit ist bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine Abgabenbelastung von 45 Prozent in Sicht“, sagte Werding und mahnte durchgreifende Reformen an.
Sozialabgaben: Angedachte Maßnahmen reichen nicht aus
Was derzeit an Maßnahmen diskutiert werde, reiche bei Weitem nicht aus. Werding nennt als Beispiele die Anhebungen von Beitragsbemessungsgrenzen und die Einbeziehung von Beamten in die Sozialversicherungen. Dies würde teilweise Löcher an anderer Stelle aufreißen, „etwa in den Haushalten der Länder, die die Mehrzahl der Beamten beschäftigen.“
Werding ist seit September 2022 Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft. Seit 2008 ist er Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Vor der Bundestagswahl 2021 stellte Werding eine Studie zum Konzept der sogenannten Aktienrente der FDP vor.
Quellen: AFP, N-TV