Seit Generationen haben die Bauern die Brücke benutzt, um zu ihren Wiesen zu gelangen. Doch jetzt: Gesperrt. Und ein Abriss ist geplant. Dabei wäre jetzt Erntezeit.
Mehr als ein Jahrhundert steht die kleine Brücke über das Flüsschen Paar im oberbayerischen Schrobenhausen schon. Seit Generationen haben Bauern die Brücke genutzt, um auf ihre Wiesen zu kommen. Aber jetzt haben die Landwirte Eduard Siegl und Anton Blöckl ein Problem: Die Deutsche Bahn, zuständig für die Brücke, hat diese gesperrt und ihren ersatzlosen Abriss angekündigt.
Den Abriss hat das Landratsamt zwar vorerst gestoppt – doch ob und welche Lösung es nun gibt, ist offen. Der Bayerische Rundfunk hatte zuerst über das Thema berichtet.
Grasschnitt für dieses Jahr weg?
Das Gras steht bereits hoch. Wenn nicht bald etwas geschehe, sei der Grasschnitt für dieses Jahr weg, sagt Blöckl. „Das Gras hätten wir verfüttern können an unsere Tiere. Das ist ein hochwertiges Gras. Man sieht es ja, dass viele Kräuter drin sind.“ Auch Siegl sagt: „Es ist traurig, weil heuer war das beste Gras seit langem.“ Auf rund 1.000 Euro schätzt er den Wert, wenn er drei Schnitte machen könnte.
Es trifft nicht nur die Bauern
Neben dem Futter für das Vieh gehe es auch um die Pflege von Naturschutzflächen, um die sich die Bauern kümmern und für die sie auch Geld bekommen, wie Blöckl erläutert. „Es ist nicht nur der Schaden für uns, sondern auch für die Natur.“ Die Bauern dürfen die Flächen erst nach der Brutzeit mähen – wenn sie nicht mähen, verlieren sie wiederum die Zahlungen.
Rund 2,5 Hektar Fläche sind laut Blöckl betroffen. Wenn das Gestrüpp hoch wachse und verwildere, böten die Flächen keinen Raum mehr etwa für Vögel und andere Tiere. „Man muss Naturschutzflächen auch pflegen.“ Die Brücke kennt er von Kind an: „Mein Vater und mein Opa sind da schon immer drüber gefahren.“
150 Jahre alte Verpflichtung
Der Bahn, so heißt es im Rathaus von Schrobenhausen, gehöre die Brücke. Man sei ins Archiv gestiegen und habe herausgefunden, dass die Brücke vor 150 Jahren gebaut wurde. „Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Bahn Eigentümer ist und die Brücke damals gebaut hat, um den Eigentümern die Zufahrt zu den Wiesen weiter zu gewährleisten“, sagt Bürgermeister Harald Reisner (Freie Wähler).
Denn der um 1875 errichtete Bahndamm schnitt die Zufahrt zu den landwirtschaftlichen Flächen ab. Die Bahn soll sich deshalb damals verpflichtet haben, als Entschädigung die Brücke zu bauen – die sie nun ersatzlos abreißen will.
Das wiederum hatte die Bahn nur auf einem an der Brücke angetackerten Zettel angekündigt. „Das ist kein Vorgehen, wie man sich das vorstellt. Ich würde mir schon vorstellen, dass man mit Grundstückeigentümern vorher spricht“, sagt Reisner.
Abriss ohne Antrag
Laut Landratsamt gab es bisher keinen Antrag auf Abriss – der aber nötig wäre, weil es sich um ein Landschaftsschutzgebiet handelt, wie ein Sprecher des Landratsamtes erläutert. „Die Bahn hat einfach nur den Zettel aufgehängt.“ Für einen Abriss müsse sie nun einen Antrag sowie Lagepläne beibringen. Dann könne darüber entschieden werden.
Der Kommentar der Bahn bleibt vorerst knapp: „Wir suchen mit der Stadt beziehungsweise den betroffenen Grundstückseigentümern das Gespräch“, teilte eine Sprecherin mit. „Ziel ist, dass wir eine gemeinsame Lösung finden. Wir bitten um Verständnis, dass wir dem Ergebnis der Gespräche nicht vorgreifen können.“
Hochwasser als Auslöser – und die Hoffnung auf Reparatur
Begonnen hatte das Problem mit dem Juni-Hochwasser im vergangenen Jahr. Damals wurde die Brücke beschädigt. „Beim letzten Schnitt sind wir nochmal darüber gefahren. Dann haben wir uns an die Stadt gewandt“, sagt Blöckl. „Die Brücke ist durch das Hochwasser baufällig, man müsste ein paar Bauteile austauschen.“ Und: „Das Wiederherstellen, das wäre in unseren Augen relativ einfach möglich.“
Ohne dieser Brücke wiederum, so sagt Siegl, „ist das Grundstück nichts wert“. „Wir reden dann von einem Euro für den Quadratmeter ohne Brücke und bis fünf oder sechs Euro mit Brücke.“