Aus der Atomkraft ist Deutschland ausgestiegen – Atommüll gibt es aber weiter. Das betrifft auch den Forschungsreaktor in Garching, und dort gibt es einen laut Kritikern besonders brisanten Müll.
Atomgegner warnen vor möglicherweise noch in diesem Jahr geplanten Atommülltransporten vom Forschungsreaktor FRM II Garching ins nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus. Im Vergleich zu Abfall aus kommerziellen Atomkraftwerken sei der Müll aus dem Forschungsreaktor Garching besonders problematisch, kritisieren das private Umweltinstitut München und die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. Der Transport über 700 Kilometer nach Ahaus berge große Gefahren.
Was ist der FRM II?
Gelobt als eine der wichtigsten Neutronenquellen Europas für Forschung, Medizin und Industrie war der Reaktor im März 2004 in Betrieb gegangen. Wegen des zu 93 Prozent hochangereicherten Urans als Brennstoff war er aber von Anfang an umstritten. Gegner sprachen entgegen den Betreibern stets von atomwaffenfähigem Material.
Seit gut fünf Jahren steht der FRM II allerdings still – wegen Corona, wegen Reparaturen und wegen Zwischenfällen. Noch immer dauern Reparaturen an. Der Neustart werde anders als geplant dieses Jahr nicht mehr möglich sein, sagte die FRM II-Sprecherin Andrea Voit.
Ist das dort genutzte Uran wirklich atomwaffenfähig?
Der Abfall enthält noch immer zu über 87 Prozent hoch angereichertes Uran – laut Atomgegnern könnte selbst das noch für Atomwaffen missbraucht werden.
Dem widersprechen die Betreiber der FRM II. „Es ist nicht richtig, dass das Uran aus dem Brennelement missbräuchlich verwendbar ist. Es müsste erst durch Trennverfahren extrahiert werden“, sagt die FRM II-Sprecherin Voit. Dazu seien spezielle Wiederaufarbeitungsanlagen nötig, von denen es nur eine Handvoll weltweit gebe. In Ahaus lagerten seit Langem Abfälle aus hochangereichertem Uran, auch aus anderen Forschungsreaktoren.
Wann soll der Transport nach Ahaus rollen?
Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hatte kürzlich mitgeteilt, dass Genehmigungen für Atommülltransporte vom Forschungsreaktor FRM II in Garching sowie aus dem Lager in Jülich nach Ahaus kurz bevorstehen. Transporte könnten laut BASE ab dem vierten Quartal dieses Jahres möglich sein. Entscheiden müssten aber die Länderbehörden.
Bisher gebe es keinen Termin für einen Transport, sagte FRM II-Sprecherin Voit. „Wir sind optimistisch, dass das bald der Fall sein wird, wenn die Genehmigung da ist.“ Das Abklingbecken in Garching ist fast voll, noch zwei von 50 Plätzen sind frei – das würde für einen Betrieb von etwa einem Jahr ausreichen.
Wie viel Uran soll transportiert werden?
Aus Garching sind zwei Transporte auf der Straße beantragt. Pro Castor können fünf Brennelemente mit je sieben Kilogramm Uran transportiert werden.
Hauke Doerk vom Umweltinstitut vertritt die Ansicht, dass sich bereits in einem der Garchinger Castorbehälter mehr waffenfähiges Uran befindet als für den Bau einer Atombombe gebraucht würde. Er beruft sich dabei auch auf frühere Aussagen der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA, räumt aber ein, dass das hochangereicherte Uran in einer Brennstoffmatrix gebunden vorliegt. Nach Doerks Darstellung ist die größte technische Barriere auf dem Weg zur Bombe aber die Anreicherung.
Sehen Atomgegner eine Alternative zum Transport?
Helge Bauer von der Organisation .ausgestrahlt sprach sich dafür aus, den Atommüll dort einzulagern, wo er entstehe – und dann nur noch einmal die Risiken eines Transportes zu einem sogenannten Endlager auf sich zu nehmen. Dazu braucht es den Bau eines Zwischenlagers am Standort Garching. Das allerdings war nie ernsthaft diskutiert worden.
Laut Voit sei in Ahaus das zentrale Zwischenlager für Brennelemente aus anderen Forschungsreaktoren in Deutschland. Für den FRM II sei das seit dem Jahr 2000 vertraglich festgelegt.
Wann kommt ein neuer Brennstoff?
Umweltschützer hatten den Betrieb ab 2011 wegen des hochangereicherten Urans für illegal gehalten und dagegen geklagt, jedoch ohne Erfolg.
Wenn der Reaktor nun wieder anfährt, wird das zunächst weiter mit hoch angereichertem Uran geschehen. Allerdings ist ein Brennstoff mit auf unter 20 Prozent angereichertem Uran in Arbeit. Vor Anfang der 2030er wird er voraussichtlich nicht einsatzbereit sein. „Wir reichen Ende dieses Jahres den Antrag für die Umrüstung ein“, so Voit. Allein das Genehmigungsverfahren könnte sich über Jahre ziehen.