Serie: stern-Legenden: Prince – das lila Genie

Wahnsinnig produktiv, irre erfolgreich und leicht durchgeknallt: Angefangen mit „Purple Rain“ dominierte Prince den Pop der Achtziger Jahre – und hallt bis heute mächtig nach.

Ein Duell hat er verloren. Zwischen den 1958 geborenen Männern, die in den achtziger Jahren um die Vorherrschaft im Pop kämpften, geht der kommerzielle Erfolg an Michael Jackson: Bis heute verkaufte er etwa dreimal so viele Alben wie Prince. In anderen Kategorien aber ist Prince klarer Sieger, nicht der selbst ernannte King of Pop.

Prince war produktiver: Er schrieb nicht nur mehr Songs – laut Wikipedia steht es 211 zu 117, wobei viele Prince-Songs nicht gelistet sind. Er spielte bei den Auf­nahmen meist auch alle Instrumente selbst.

Prince trat in Strapsen und glitzernden Spitzenanzügen auf

Prince war glamouröser: Jacko hatte Fedora, weiße Handschuhe und den Schimpansen Bubbles. Prince trat in Strapsen oder glitzernden Spitzenanzügen auf, pflegte eine Affäre mit Filmstar Kim Basinger („9½ Wochen“) und ließ sich Gitarren nach eigenen Entwürfen designen.

Und selbst bei einem gemeinsamen Tischtennisspiel, bei dem er vor allem auf Jacksons Gemächt zielte, ging Prince als Gewinner vonder Platte. Der zentrale Unterschied jedoch ist ein anderer. Trotz aller inneren wie äußeren Kämpfe war Prince deutlich erwachsener, verleugnete nie sich selbst, weder ­seine Ambivalenz noch seine Hautfarbe.

Als Scheidungskind mit weißen wie schwarzen Wurzeln, das sich mit dem neuen Mann seiner Mutter stritt und als Teenager bei seinem Vater rausflog, rang er stets um Autonomie. Dabei scherte er sich nicht um Grenzen, sondern feierte seine Gegensätze. Am deutlichsten in seiner Musik, bei der selbst Husten rhythmisch eingesetzt wird und man lange suchen muss, um zwischen Funk und Klassik, Rock, Country und Hip-Hop einen Stil zu finden, den er nicht nutzte. Auch in seinen Auftritten, die mal prä-queer, mal machohaft daherkamen. Und schließlich in seiner Weigerung, den Anweisungen seiner Plattenfirmen Folge zu leisten, weshalb er seine Musik ab 2001 – zeitgleich mit der Erfindung des iPods – über das Internet vertrieb.

20 Jahre zuvor schrieb Prince den programmatischen Titel „Controversy“. Der Zeuge Jehovas wünschte sich, wir wären alle nackt und zitiert gleich darauf das Vaterunser. Vor fünf Jahren starb er an einer Überdosis Fentanyl. Wahre Unabhängigkeit gibt es wohl nicht ohne Schmerzen.