Selbstbewusst blickt die rheinland-pfälzische AfD auf die Landtagswahl. AfD-Chef Bollinger führt die Partei an – und will nach der Wahl im März 2026 regieren.
Die rheinland-pfälzische AfD zieht mit ihrem Partei- und Fraktionschef Jan Bollinger als Spitzenkandidat in die Landtagswahl. Der 48-Jährige aus Neuwied bekam beim Listenparteitag in Idar-Oberstein nach Partei-Angaben 71,3 Prozent der Stimmen; zwei überraschend angetretene Gegenkandidaten ließ er deutlich hinter sich.
Die Landtagsabgeordneten Damian Lohr, Eugen Ziegler und Ralf Schönborn wurden bei dem Mitgliederparteitag auf die Listenplätze zwei bis vier gewählt. Auf Platz fünf kandidiert – als erste Frau – Catalina Monzon aus Kusel, gefolgt von dem Landtagsabgeordneten Joachim Paul auf Platz sechs.
Alle nach Parteiangaben mehr als 630 angereisten Mitglieder waren stimmberechtigt. Die AfD sprach von ihrem bisher größten Parteitag in Rheinland-Pfalz. Der stellvertretende Bundesparteichef Kay Gottschalk war auch gekommen.
Rund 100 Demonstranten vor der Halle
Vor der Halle in Idar-Oberstein demonstrierten nach Polizeiangaben rund 100 Menschen gegen die AfD. Sie riefen unter anderem: „Nazis raus“.
Bollinger greift andere Parteien mit drastischen Worten an
Bollinger attackierte in seiner Vorstellungsrede CDU, SPD, Grüne, FDP und Linke mit scharfen Worten und sprach unter anderem von „Politikversagern des Brandmauerkartells“. Wer „die Regierungsversager“ kritisiere, werde vom Geheimdienst beobachtet und als Staatsfeind diffamiert, sagte er mit Blick auf die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz.
Gegen diese Einstufung setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis gelegt und führt die AfD weiter als Verdachtsfall.
Rheinland-Pfalz brauche nach mehr als 30 Jahren SPD-Regierung dringend eine politische Wende, sagte Bollinger. „SPD, Grüne und Linke sind die Abrissbirnen unseres Landes und die Totengräber unseres Volkes. Wir müssen diese antideutschen Linksradikalen auf den Abfallhaufen der Geschichte entsorgen.“ Die CDU bezeichnete er als „Wahlbetrüger“, die vor der Wahl blaue AfD-Politik versprächen und danach grüne Politik lieferten. In Rheinland-Pfalz regiert eine Ampel-Koalition, die Linke ist nicht im Landtag vertreten.
Bollinger: AfD soll stärkste Partei werden
Die AfD wolle bei der Landtagswahl im März 2026 stärkste Kraft werden und auch regieren. Die Chancen dafür seien nie besser gewesen. Die AfD in Rheinland-Pfalz sei die Hochburg der Partei im Westen, sagte Bollinger. Die Zahl der Mitglieder sei auf deutlich über 4.000 gestiegen.
Bollinger will einen „Abschiebeflughafen Hahn“
In der Regierung werde die AfD als Erstes eine „umfassende Abschiebeoffensive mit Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft“ umsetzen, kündigte Bollinger an. Dafür habe Rheinland-Pfalz den „Abschiebeflughafen Hahn“ als „nationales Pilotprojekt“. „Von dort werden nicht täglich, sondern stündlich die Abschiebeflieger in die Herkunftsländer fliegen – bis die Startbahnen glühen.“
Der Rundfunkstaatsvertrag werde sofort gekündigt, die Straßenausbaubeiträge abgeschafft, der Windkraftausbau beendet und Rheinland-Pfalz werde in die Atomkraft einsteigen, kündigte Bollinger in seiner mit viel Applaus bedachten Vorstellung an.
Münzenmaier will Schweitzer „Feuer unterm Hintern machen“
Der Mainzer AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier hatte zu Beginn des Parteitags 20 Prozent plus X als Ziel für die Landtagswahl ausgegeben. Er kündigte an, die AfD werde Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) „Feuer unterm Hintern machen“. „Wir werden sie schlagen“, sagte Münzenmaier, der auch stellvertretender Landesvorsitzender ist.
Derzeit stellt die Oppositionspartei 6 der 101 Abgeordneten im Landtag in Mainz. Beim Listenparteitag in Idar-Oberstein sollten insgesamt 30 bis 40 Kandidaten aufgestellt werden.
Auf der Liste für die kommende Landtagswahl wurde Carsten Propp aus dem rheinhessischen Nierstein auf Platz sieben gewählt. Benjamin Haupt aus Speyer konnte sich auf Platz acht als Kandidat gegen den Landtagsabgeordneten Peter Stuhlfauth aus Neustadt/Weinstraße durchsetzen. Auf Platz neun und zehn der Landesliste folgen Jürgen Klein aus Bad Kreuznach und die AfD-Kreisvorsitzende Birkenfeld, Claudia von Bohr.
Bei der Landtagswahl 2021 erreichte die AfD 8,3 Prozent
Bei der Landtagswahl 2021 war die AfD auf 8,3 Prozent der Stimmen gekommen und hatte 9 Sitze erhalten. Drei Abgeordnete sind nach internen Querelen fraktionslos. Darunter Michael Frisch, der vor fünf Jahren mit 75,8 Prozent zum Spitzenkandidaten der AfD gewählt worden war.
Bei der jüngsten Befragung des SWR-Politikmagazins „Zur Sache Rheinland-Pfalz!“ kam die AfD auf eine Zustimmung von 17 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Wahl wäre.